Ich wollte schon immer mal das Auto von meinem Nachbarn fahren.
Ich muss einen Schreibtisch transportieren, und der passt einfach nicht aufs Fahrrad, nicht einmal auf den Anhänger. Für eine einzige kurze Fahrt ein Auto mieten geht natürlich direkt ins Geld, also schaue ich mich bei den diversen CarSharing-Anbietern um.
Neben den bekannten großen, bei denen man Mitglied werden muss, monatliche Beiträge zahlt oder Kautionen hinterlegt, gibt es ein neues Angebot, das sehr vielversprechend klingt: Nachbarschaftsauto. So sollte es sein: sich einfach und unkompliziert ein Auto nebenan leihen – auch gern gegen Gebühr statt einer Flasche Wein wie bei traditionellen Leihvorgängen.
Lohnt sich das Carsharing Konzept “Nachbarschaftsauto”?
Die Anmeldung auf der Website geht schnell, die Infos sind klar verständlich, und die große Frage nach der Haftpflicht ist gut gelöst: Für 8,90 € pro Tag kann ich eine Zusatzversicherung abschließen. Die funktioniert losgelöst von der eigentlichen Autoversicherung und vom Halter, bei einem Unfall hat dieser also keine Nachteile in der Rabattklasse seiner eigenen Versicherung.
Ich suche mir also einen Anbieter in der Nähe – ein Kleinwagen für 7,– € die Stunde sollte reichen –, und stelle meine Buchungsanfrage. Die Antwort folgt prompt, allerdings kann der Verleiher nicht glauben, dass ich das Auto nur für eine Stunde haben will. Er schreibt, allein für Personalien- und Fahrzeugcheck bei Übergabe und Rücknahme sollte ich ca. eine halbe Stunde einkalkulieren.
Das Auto wäre vollgetankt und blitzsauber, müsste so also auch wieder zurück, ansonsten müsste ich die Kosten dafür übernehmen. Die Zusatzversicherung sei zudem Pflicht, auch wenn ich nur eine Stunde unterwegs bin. – War ja eigentlich alles schon vorher klar, ich hab auch nicht geplant, ihm auf einer Fahrt die Sitze zu versauen.
Miete und Versicherung kosten für die Stunde also 15,90 €, wenn ich das jetzt mit dem CarSharing-Angebot der Bahn (Flinkster, für BahnCard50-Inhaber ohne Grundgebühren, ohne BahnCard einmalige Anmeldegebühr 50,– €) vergleiche, ist die Bahn günstiger. Und sogar mit dem (bisher nur in München, Berlin und Düsseldorf verfügbaren) Kooperationsangebot DriveNow von Sixt und BMW käme ich für diese Fahrt günstiger weg (29 Cent die gefahrene Minute, 10 Cent die geparkte Minute, einmalige Anmeldegebühr 29,– €). Zumal ich bei DriveNow ohne Absprachen, Vormerken oder Buchen einfach irgendwo in der Stadt in ein beliebiges Fahrzeug einsteige, den Fahrzeugzustand in den Bordcomputer tippe und fertig. Lange Übergabeprotokolle gibt es da nicht.
Mein Fazit zu “Nachbarschaftsauto”
Für den kurzen Schreibtischtransport lohnt sich ein Nachbarschaftsauto nur in den Regionen, wo kein anderes CarSharing-Angebot vorhanden ist. Beim Tagesausflug hingegen gewinnt die Idee: Hier ist Nachbarschaftsauto günstiger als ein Mietwagen, und sicherlich wird man bei regelmäßiger Nutzung auch seine Lieblingsverleiher kennenlernen, sodass sich Übergabe und Rücknahme zügiger gestalten als bei der ersten Kontaktaufnahme.
Zudem stehen die Nachbarschaftsautos in der Nähe und nicht an weit entfernten Verleihstationen – was für ländliche Regionen ein unschlagbarer Vorteil ist. Mir persönlich sagt am meisten die Vorstellung zu, dass ich als Leiher für jede Situation das passende Auto aussuchen kann, vom Smart bis zur 9-Sitzer Caravelle.
Und der Umwelteffekt ist natürlich auch nicht zu unterschätzen: Durchschnittlich 23 Stunden am Tag steht ein Auto ungenutzt herum. Wenn man kein eigenes Auto mehr braucht, um in jeder Hinsicht mobil zu sein, lassen sich viele Ressourcen sparen – bis hin zum Flächenverbrauch für Parkplätze. Für Verleiher wiederum ist es lukrativ, das Auto nicht nur dem Rostfraß zu überlassen, sondern noch den einen oder anderen Euro damit zu verdienen.
Weiterführende Informationen:
- www.nachbarschaftsauto.de
- www.flinkster.de
- www.drive-now.co