Wer kennt nicht das schöne Gefühl, wenn man barfuß über einen Boden geht, den Untergrund, die Temperatur und seinen Fuß bis in die Zehen und Knöchel spürt. Es ist eigentlich ein ganz natürlicher Vorgang, den unser Fuß meist nur noch selten durchführt. Bequemes Schuhwerk und mangelnde Bewegung führen häufig zur Verkümmerung unserer Füße und der Muskeln bis hinauf in die Beine. Dabei gibt es heute tolle Möglichkeiten mit oder ohne Schuhen im Alltag und Sport barfuß zu laufen und die gesunden Effekte auf unsere Füße, unseren Körper und unsere Seele zu spüren. Von Per-Olof de Marco, Sport- und Fitnesstrainer sowie Laufcoach von vivobarefoot.
Barfuß – Die natürliche Laufart begreifen
Barfußlaufen ist mehr als ein Trend. Trends sind nicht von Dauer. Häufig extrem. Das ist Barfußlaufen nicht. Barfußlaufen ist natürlich, denn wir kommen ohne Schuhe auf die Welt. Kinder lieben es, barfuß zu laufen.In einer Reportage über ein Naturvolk wurden die Menschen gefragt, warum sie keine Schuhe anzögen. Einer antwortete: “Wie sollten wir sonst den Weg nach Hause finden?” Aber wir sind so sehr damit beschäftigt wissenschaftliche Beweise für etwas zu suchen, was völlig auf der Hand liegt. Wir sind das einzige Lebewesen, welches sich Schuhe anzieht. Versucht man dies jedoch mit Tieren, verlieren sie völlig die Orientierung.
Zurück zur Natur – Von den Tieren lernen
Nimmt man unsere nächsten Verwandten, die Primaten, so wird deutlich, dass unsere Füße nichts Anderes waren, als weitere Hände. Um das Barfußlaufen wirklich zu “begreifen”, müssen wir also verstehen, dass sie genau das waren: Greifwerkzeuge.
Der große Zeh, welcher bei den Affen noch in Opposition zu den anderen steht, um an Bäumen hangeln zu können, ist beim Menschen lediglich gerade gewachsen und nach vorne ausgerichtet, um nach der Ferne zu greifen. Er wurde vom Greifwerkzeug zum Hebel. Um lange Distanzen überbrücken zu können.
Ganz natürlich – Mit den Händen und Füßen etwas begreifen
Streichen Sie sich einmal mit ihren Fingern über ihre Hand Innenflächen und wiederholen das mit ihren Füßen. Einfach über die Fußsohle streichen. Bemerken Sie, wie ähnlich sich die Empfindungen sind?
Wenn wir vom Begreifen sprechen, so steckt es schon im Wort. Wir begreifen die meisten Dinge nicht mit dem Verstand, sondern wortwörtlich mit unseren Händen. Mit ihnen gehen wir den Dingen auf den Grund. Ich kann das Stricken oder ähnliches nicht lernen, indem ich mir nur theoretische Videos davon ansehe, ich muss es im wahrsten Sinne begreifen.
So wie ein Handwerk – Stehen, Gehen und Laufen sind unser Fußwerk
Handwerk kennen wir. Das Stehen, das Gehen und das Laufen dagegen sind Fußwerk. Mit dicken Winterhandschuhen macht kein Handwerk Spaß, da wir keinerlei sensorische Rückmeldungen über unser Tun erhalten. Genau so sieht es mit dicken, gedämpften Schuhen aus. Unsere Füße sind so überprotektiert, dass wir jegliche Empfindung, die über das Barfußlaufen in der Wohnung hinausgeht, als schmerzhaft oder unangenehm einstufen. Sowohl die sensorischen, als auch die motorischen Funktionen des Fußes sind völlig vernachlässigt.
Trampeln, schleichen, wippen – Gestikulation mit Händen und Füßen ist ein Spiegel der Seele
Unsere Füße sind aber noch mehr als Fußwerk. Sie sind auch Werkzeuge des seelischen Ausdrucks. Beobachten Sie sich einmal selbst, wie viel Sie mit ihren Händen gestikulieren, während Sie sprechen, Sie werden überrascht sein.
Kaum jemand achtet jedoch auf die Füße. Auch unsere Füße kommunizieren die ganze Zeit. Dies wird besonders sichtbar bei Kindern, wenn sie ihrem Trotz und Ärger Luft machen und auf dem Boden trampeln.
Achten Sie einmal darauf, wie ein gestresster Kollege über den Flur geht. Beziehungsweise hören Sie viel eher mal darauf. Wenn wir so viel emotionale Energie in den Boden schicken können, dann geht es meiner Meinung nach auch anders herum.
Wenn wir die Schutzhülle um den Fuß erst mal ablegen und einen einfachen Waldspaziergang ganz barfuß machen, dann spüren wir sofort, dass es auch eine sensorisch, emotionale Reaktion vom Boden ausgehend gibt. Es ist eine wohltuende, entschleunigende Tätigkeit. Aber nicht Jeder möchte den gewohnten komfortablen Käfig, der einen eigentlich gefangen hält, verlassen.
Man kann viel über das Barfußlaufen philosophieren, aber wenn du wissen willst, wie es sich anfühlt, musst du es tun.