Vorbei mit typischen Kniebeschwerden, Läuferknie, Problemen in der Achillesferse, Halux Valgus oder Mittelfußschmerzen? Das verspricht uns das Barfußlaufen, wenn wir es richtig angehen. Mit der richtigen Technik, dem richtigen Barfuß Schuh oder gar wirklich barfuß. Per-Olof de Marco, Laufcoach von Vivobarefoot, verrät uns, wie wir mit dem Barfußlaufen anfangen können.
Barfußlaufen – Mehr als nur ein Trend!
Zuallererst einmal muss man klären, was mit Laufen überhaupt gemeint ist. Das wird im deutschsprachigen Raum nicht einheitlich benutzt. Wenn ich vom Laufen rede, dann meine ich das, was der Volksmund Joggen nennt. Gehen stattdessen ist Gehen, nicht Laufen.Vor einigen Jahren begann eine Bewegung, die auch mich erwischt hat, das Barfußlaufen. Angestoßen mitunter durch das Buch “Born to Run” von Christopher McDougall. In diesem Buch berichtet der Autor von seiner Reise zu den Tarahumara, einem indigenen Volk in den Copper Canyons in Mexiko, welche schier unglaubliche Strecken in minimalem Schuhwerk oder ganz barfuß zurücklegen.
Ein Hype begann zuerst in den USA, der kurze Zeit später auch nach Europa schwappte. Man warf die gedämpften Schuhe über Bord und lief barfuß oder in Barfußschuhen.
Vorbei sollten die typischen Laufbeschwerden wie Läuferknie und Schienbeinkantensyndrom sein.
Barfußlaufen ist die richtige, natürliche Laufart für den Menschen!
Unterstützt durch die Forschungen von Evolutionsbiologe Dr. Lieberman von der Harvard University war man sich sicher: Das Barfußlaufen ist das Richtige, Natürliche für den Menschen. Man hat jedoch vergessen, wie es geht!
2010 bekam ich meine ersten spezialisierten Barfuß-Schuhe und wusste sofort: Das ist das Richtige. Ich hatte zuerst einige Anpassungsschwierigkeiten, bis ich merkte, dass ich noch mehr ändern musste. Eine Ausbildung zum Barfußcoach brachte Abhilfe. Ich lernte die Grundlagen des Laufens.
Gesund durch barfuß – Kein Halux Valgus, keine Schmerzen im Mittelfuß und Kniegelenk!
Weil Schuhe einfach auf Dauer ungesund sind. Der heutige Schuh hat nichts mehr mit dem ursprünglichen Fellschuh der Jäger und Sammler zu tun. Ein Schuh muss nur drei Dinge erledigen: 1. vor thermischen und 2. mechanischen Verletzungen schützen. Und er sollte 3. einen Vorteil bieten, was die Haftung angeht.
Heutige Schuhe sind aber viel mehr als das. Sie sind mit einem Absatz versehen, welche die ganze Körperstatik aus der Balance bringen. Außerdem laufen die meisten Schuhe vorne eng zusammen und berauben insbesondere den großen Zeh seiner Funktion.
Dann werden Schuhe meist auch noch zu klein gekauft, was den ganzen Fuß zusammen quetscht und einen Hallux Valgus fördern kann. Außerdem werden die Mittelfussköpfchen der kleinen Zehen Richtung Boden gedrückt, was zu starken Mittelfußschmerzen führen kann (Metatarsalgien).
Der große Zeh verhindert in einer gesunden Stellung das übermäßige Einwärtsknicken des Fußes (Überpronation) und kann mit einfachen Übungen wieder gut gestärkt werden.
Mit dem Barfußlaufen starten – Wie ich richtig anfange, barfuß zu laufen!
Ganz klar. Erst mal die alten Schuhe aus! Jetzt direkt loslaufen wird aber in den wenigsten Fällen zum Erfolg führen. Zuerst sollte der Fuß sich mit dem einfachen Körpergewicht auseinander setzen, das heißt stehen oder barfuß gehen. Das geht sowohl ganz barfuß oder aber auch mit Barfußschuhen.
Ein guter Start – Der richtige Schuh zum Barfußlaufen
Barfußschuhe sind Schuhe, welche den Fuß so wenig wie möglich beeinflussen. Mit sehr viel Platz im Vorfußbereich, Nullsprengung (kein Absatz). Ich habe sehr gute Erfahrungen mit den Schuhen von Vivobarefoot gemacht, aber es gibt auch noch eine Reihe anderer guter Anbieter.
Gute Schuhanbieter haben aber solch eine große Produktpalette, dass eigentlich für jeden und für alle Wetter- und Terrainlagen das Richtige dabei ist. Allerdings haben die meisten Schuhe immer noch keine abriebfeste und durchstichsichere Sohle. Hier sollte man sich beim Anbieter genau erkundigen, damit man sich über Scherben und andere spitze Gegenstände keine Sorgen machen muss.
Das richtig Fußkleid – Sport und Regeneration für die Füße und Muskeln
Durch das einfache Stehen und Gehen barfuß haben der Fuß und die umgebende Muskulatur wieder die Möglichkeit, sich anzupassen und zu stärken. Dies dauert tatsächlich einige Monate und kann schon bei ein paar Stunden am Tag Muskelkater verursachen.
Das häufig starre und hohle Fußgewölbe hat die Möglichkeit, sich abzusenken und elastischer zu werden, bei Plattfüßen baut sich das Fußgewölbe oft erst wieder richtig auf durch die muskuläre Beanspruchung. Als besonders effektiv hat sich die Toega-Übung erwiesen, welche es dem Anwender wieder mehr Sensibilität und Motorik der einzelnen Zehen zurückgibt.Wenn der Fuß sich an barfuß gewöhnt hat – Das Laufen kann beginnen
Wenn sich die Muskulatur nach einigen Wochen und Monaten aufgebaut hat, dann kann man langsam anfangen, richtig zu Laufen. Und damit meine ich auch langsam. Sodass es sich locker anfühlt. Raus aus dem sportlichen Bereich, rein in die pure Bewegung. Hier reicht es, anfangs 800m bis 2000m laufen zu gehen, die ersten Wochen. Dann kann man das Laufpensum auf 5 km steigern innerhalb von 2-3 Monaten. Wichtig ist es, dabei immer wieder auf den eigenen Körper zu hören und sich nicht von äußeren Zielen abhängig zu machen, noch nicht einmal von diesem Text hier.
Die Sehnen und Bänder brauchen 6 Monate bis 18 Monate, um sich vollends an diese Belastungen anzupassen. Hier ist Vorsicht angesagt. Viele der mir bekannten Läufer zogen sich die Schuhe aus Euphorie heraus aus und liefen nach kurzer Zeit Ultra Trail Marathons und begaben sich dadurch in Verletzungsgefahr. Physiologisch ist aber erst nach 1,5 Jahren Training ein Halbmarathon denkbar.
Der passende Laufstil – Wie läuft man richtig barfuß?
Wichtig beim Laufen ist, dass der Bewegungsablauf stimmt. Wenn ich genau so laufe wie ich gejoggt bin (Jogging ist eine Erfindung und kein natürlicher Laufstil), dann werde ich auch damit nicht glücklich.
Hier hat sich eine hohe Schrittfrequenz von 180 Schritten die Minute bewährt (dadurch optimale Nutzung des Sehnen-Dehnungs-Verkürzungszyklusses), zur Überwindung der Schwerkraft nach oben. Dadurch wird die kinetische Energie in der Achillessehne und dem Fußgewölbe gespeichert und nach oben zurückgegeben.
Wichtig ist es außerdem, eine aufrechte Haltung einzunehmen (Blick zum Horizont). Der Kopf am Ende der Wirbelsäule trägt maßgeblich zu einer aufrechten Haltung bei. Fällt er nach vorne, fällt die ganze Wirbelsäule mit. Außerdem ist es wichtig, entspannt zu laufen. Lockere bewegliche Handgelenke und die Schultern locker nach hinten unten zu den Schulterblättern hin.
Diese drei Punkte:
- Laufrhythmus
- Haltung
- Entspannung
erlauben einen Fußaufsatz unmittelbar unter dem Körperschwerpunkt, was dafür sorgt, dass Knie und Hüfte, Lendenwirbelsäule, Brustwirbelsäule und Halswirbelsäule weniger verletzungsgefährdet sind. Außerdem werden in dieser Reihenfolge die restlichen Erschütterungen abgefangen, welche nicht über Fußgewölbe und Achillessehne neutralisiert wurden.
Der richtige Laufstil – Der intuitive flache Fußaufsatz beim Barfußlaufen
Der Fußaufsatz ist kaum steuerbar und sollte auch nicht allzu viel Aufmerksamkeit vom Läufer bekommen, da die Bewegung bei der Landung so kurz und knapp ist, das man mit Verstandesarbeit hier nur verkrampft. Der Fuß weiß, was er tun muss und das System läuft über den Reflexbogen der Wirbelsäule eher autonom.
Bewährt hat sich aber ein flacher Fußaufsatz, bei dem die Ferse minimal den Boden “küsst”. Kommt der Fuß zu spitz auf, sind die Zehen noch nach oben gezogen und der Talus (Sprungbein) schließt den Fuß zum Hebel, was dafür sorgt, dass die fußeigene Dämpfung nicht funktioniert. Die fusseigene Dämpfung ist gut erfühlbar, wenn man ein Bein im Sitzen überschlägt und an dem lockeren Fuß des überschlagenen Beines gegen den Ballen des großen Zehs drückt. Hier gibt der Fuß schön nach. Zieht man nun die Zehen zum Fußrücken hin an, bemerkt man sofort, dass der ganze Fuß starr wird. Dies ist nötig, wenn der Fuß den Boden beim Gehen/Laufen verlässt.