Zum Wecken klingelt das Radio. Das dudelt dann während des Frühstücks, bei dem man auch die Zeitung eben überfliegt, anschließend beim Zähneputzen, wenn man nebenher noch eben das Mittagessen in der Tasche verstaut. Wenn man dann im Auto sitzt, kommt die Frage: Hab ich eigentlich die Tür abgeschlossen? Denn man hat zwar alles an diesem Morgen gemacht, wie immer, aber nichts so richtig. Und schon gar nicht bewusst. Diplom-Psychologin Sara Schneider erklärt uns, wieso es gut und wichtig ist, manche Dinge im Leben mal bewusst zu vollziehen und sich in Achtsamkeit zu üben.
Achtsamkeit ist zunächst einmal die Lenkung der Aufmerksamkeit auf das, was gerade geschieht, ohne irgendetwas verändern oder erreichen zu wollen. Darüber hinaus beschreibt sie eine Haltung, die sich auszeichnet durch Präsenz, Gegenwärtigkeit, Bewusstheit und eine offene, experimentelle, sowie absichtslose Haltung gegenüber dem gegenwärtigen Geschehen. Aber Achtsamkeit bedeutet auch ein Lebensgefühl, das einher geht mit Gelassenheit, Leichtigkeit, Ruhe und Lebendigkeit.
Achtsamkeit hilft dabei, Situationen zu akzeptieren
Achtsamkeit ist keine Lösung für all unsere Probleme. Im Gegenteil: Es kann oft sehr wichtig sein, Bedingungen, Situationen oder unser Verhalten zu ändern. Achtsamkeit ist aber immer dann hilfreich, wenn wir den gegenwärtigen Moment nicht verändern können oder nicht verändern wollen.Wir können dabei achtsam mit einem bestimmten Ereignis oder Objekt umgehen (fokussierte Achtsamkeit) oder auch gegenüber der gesamten gegenwärtigen Situation achtsam sein und einfach alles wahrnehmen, was gerade in das Feld des Gewahrseins tritt: Objekte, Menschen, Ereignisse, auch die eigenen Empfindungen, Gefühle, Gedanken usw. Ohne etwas festhalten zu wollen, bleiben wir offen für den nächsten Moment (weite Achtsamkeit).
Zwischen beiden Formen gibt es Übergänge. So können wir z. B. den Fokus wechseln oder gleichzeitig auf Musik und unsere Atmung oder Bewegung achten.
Die Haltung der Achtsamkeit lässt sich auf subjektive Erlebnisse (innere Achtsamkeit auf mentale und emotionale Prozesse und Körperempfindungen) ebenso anwenden wie auf äußere Prozesse, Gegenstände und Tätigkeiten (äußere Achtsamkeit). Aber wir können auch achtsam sein auf die Beziehungen zwischen uns und der Umwelt, auf den Kontakt, die vielfältigen Verbundenheiten: mit anderen Personen, Dingen, Orten etc. (relationale Achtsamkeit). Eine Möglichkeit, sich zu entspannen, ist, die Haltung der Achtsamkeit einzunehmen. Achtsam sein heißt, alle Handlungen und Planungen einzustellen und einfach nur das wahrzunehmen, was gerade geschieht. Wenn Sie achtsam sind, wollen Sie sich also auch nicht absichtlich entspannen und tun auch nichts aktiv dafür. Sie geben nur jede unnötige Aktivität und Anspannung auf. Wenn es gut geht, sind Sie einfach nur da, wach und lebendig. Sie spüren Ihren Körper, so wie er gerade sitzt oder steht oder geht und Ihre Stimmung – wie immer sie gerade ist – oder nehmen Ihre Gedanken wahr ohne sie zu verändern. Sie hören, sehen, riechen, schmecken oder tasten, aber ohne Ziel; wach, aber ohne Neugierde. Sie strengen sich nicht an, halten nichts fest (auch keine Gefühle oder Gedanken, auch nicht den Gedanken an Entspannung oder das Gefühl der Entspannung) und öffnen sich für das, was als nächstes geschieht. Um Achtsamkeit zu lernen, gibt es eine Vielzahl von leichten kurzen und längeren Übungen (formale Achtsamkeitsübungen). Sie können aber auch jede alltägliche Situation nutzen, die sie nicht verändern wollen oder können und die keine besondere Anstrengung oder Problemlösung erfordert, also Routinetätigkeiten wie Gehen, Atmen, Essen, Zähneputzen, Kochen, Teetrinken usw. (informelle Achtsamkeitsübungen).Entspannung finden durch Achtsamkeit