Wenn du glaubst, du könntest unter Depressionen leiden, solltest du zunächst einen Arzt aufsuchen. Er kann dich an einen Psychotherapeuten oder Psychiater verweisen, der dann zusammen mit dir eine geeignete Therapie erarbeitet, um die Krankheit in den Griff zu bekommen. Leider kann es trotzdem zu Rückfällen kommen, da eine traurige Stimmung die Denk- und Verhaltensmuster einer Depression wieder wachrufen kann. Dagegen kann dir Achtsamkeit helfen.
Was passiert bei Depressionen?
Depressionen gehen mit einer Reihe von Symptomen einher, die an Traurigkeit erinnern, aber viel stärker sind und sich für Betroffene existenzieller anfühlen als ein vorübergehendes Stimmungstief. Zudem dauern die Anzeichen über einen längeren Zeitraum von mindestens zwei Wochen an. Menschen mit Depressionen sind überzeugt, sich nicht von allein daraus befreien zu können.
Diese Symptome deuten auf eine Depression hin
Neben einer niedergedrückten Stimmung sowie Interesse- und Freudlosigkeit kommt es oft zu Appetitverlust, Antriebslosigkeit, Konzentrationsproblemen, Schuldgefühlen und Schlafstörungen. Auch psychosomatische Symptome wie Kopfschmerzen, Verdauungsprobleme oder Rückenschmerzen können bei Depressionen auftreten.
Typisch für Depressionen sind ein anhaltendes negatives Denken und Grübeln sowie gleichzeitig der Versuch, diese negativen Gedanken und Gefühle zu vermeiden. Mithilfe einer passenden Therapie kannst du solche Denk- und Verhaltensmuster überwinden, doch es kann sein, dass die Angst vor einem Rückfall irgendwo in deinem Hinterkopf lauert.
Fühlst du dich dann eines Tages wieder bedrückt, wird diese Angst wach und kann den Teufelskreis von negativen Gedanken und dem Versuch, diese zu vermeiden, wieder aktivieren. So kommt es schließlich zu einem Rückfall in die Depression. Da diese Gefahr relativ hoch ist, müssen Patienten oft auch nach Überwindung der Krankheitssymptome Antidepressiva nehmen.
Achtsamkeit begleitend zur Therapie gegen Depressionen
Nicht jeder möchte gern Tabletten schlucken und so manch einer fürchtet womöglich einen Rückfall in die Depression, sobald die Medikamente abgesetzt werden. An dieser Stelle kommt die Achtsamkeit ins Spiel. Wie beispielsweise eine dänische Studie von 2011 zeigt, kann die sogenannte achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie (MBCT – “mindfulness-based cognitive therapy”) dabei helfen, das Rückfallrisiko einzudämmen.
Wer schon drei oder mehr depressive Schübe erlitten hatte, konnte durch Achtsamkeitstraining sein Risiko um 40 Prozent reduzieren. Offenbar half die Achtsamkeit vor allem Patienten mit schwereren Fällen. Eine Untersuchung an der University of Oxford von 2015 kam zu vergleichbaren Ergebnissen: Das Rückfallrisiko von Menschen mit Depressionen, die mindestens drei Schübe hinter sich hatten, ließ sich mit Achtsamkeitstraining um 40 bis 50 Prozent senken.
Wichtig ist allerdings, dass du trotzdem eine passende Psychotherapie machst und die Achtsamkeit als Zusatz und nicht als Ersatz begreifst!
Achtsamkeits-Therapie hilft gegen Grübeln und Selbstvorwürfe bei Depressionen
Die achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie findet in einer Gruppe von rund 12 bis 15 Teilnehmern statt und dauert in der Regel acht Wochen. Falls du Schwierigkeiten hast, einen Kurs für MBCT zu finden, kann dir auch MBSR (“Mindfulness-Based Stress Reduction”, ein Achtsamkeitstraining zur Stressbewältigung) begleitend zur Psychotherapie helfen. In der traditionellen kognitiven Verhaltenstherapie lernst du negative oder unrealistische Denk- und Verhaltensmuster zu ändern und positive Muster zu erlernen.
Bei MBCT und durch Achtsamkeit versuchst du dagegen nicht, bewusst etwas zu ändern, sondern auch negative Gedanken und Gefühle wertfrei zu beobachten. Auf diese Weise bist du dann für das nächste Stimmungstief gewappnet, und gerätst nicht mehr so leicht in den Teufelskreis aus Grübeleien und Selbstvorwürfen.
Achtsamkeits-Übungen gegen Depression
Übung: Erfahrungen neugierig betrachten, aber nicht bewerten
Als Übung zu mehr Achtsamkeit kannst du zum Beispiel eine Woche lang Erfahrungen notieren, die du als angenehm empfunden hast und in der Folgewoche die gleiche Übung mit negativ empfundenen Erlebnissen fortführen. Mach dir dazu eine Tabelle mit vier Spalten: In die erste schreibst du die Erfahrung, in die zweite deine Gedanken dabei, in die dritte Spalte deine Gefühle und in die vierte Spalte deine Körperempfindungen.
So kannst du lernen, dass deine Erfahrungen dich nicht wie eine einzige große Welle überfluten, sondern dass sie einzeln fassbar sind. Des Weiteren kannst du so deine typische Denk- und Verhaltensmuster sichtbar machen.
Wichtig bei dieser Übung ist, dass du die Ergebnisse nicht bewertest, dich darüber ärgerst oder dir Vorwürfe machst. Nähere dich deinen Notizen stattdessen neugierig und nimm die Erfahrungen an, ohne sie als negativ oder positiv zu bewerten.
Übung: Interpretation von Tatsache unterscheiden
Bewertungen sind stets Interpretationen, die deine Wahrnehmung, Reaktionen und Gefühle beeinflussen. Dies kannst du dir mit einer weiteren Übung zur Achtsamkeit bewusst machen. Stell dir vor, du gehst spazieren und siehst aus der Ferne einen Bekannten. Du winkst und rufst seinen Namen, doch er geht weiter, ohne zu antworten oder dich anzuschauen.
Schreibe nun auf, wie du dich bei der Vorstellung gefühlt hast, was du gedacht hast und welche Körperempfindungen aufgetaucht sind.
Hast du gedacht: “Oh nein, er mag mich nicht mehr, niemand mag mich!”, hast du andere Gefühle und Körperempfindungen, als wenn du gedacht hast: “Ach, der hat mich wohl nicht gesehen. Dann halt nächstes Mal.” Das liegt daran, dass du die Situation jeweils anders interpretiert und bewertet hast. Die Situation an sich ist jedoch dieselbe geblieben.
Mit anderen Worten: Die Gedanken in deinem Kopf sind keine Tatsachen, sondern eben nur Gedanken.