Wenn ein Baby unterwegs ist, gibt es für die werdenden Eltern eine Menge zu planen, organisieren und besorgen. Allein bei der Babyausstattung stellen sich zahlreiche Fragen: Was brauchen wir alles an Babykleidung? Wo soll das Baby schlafen? Tragetuch oder Babytrage? Welcher ist der beste Kinderwagen? Doch nur 3-4% der deutschen Eltern haben sich gefragt, welche Windeln sie benutzen möchten und haben eine Entscheidung für Stoffwindeln getroffen.
Bei dem Wort „Stoffwindel” baut sich vor dem inneren Auge der meisten Menschen nun das Bild einer großen weißen, kompliziert zu faltenden und ums Kind gewickelten Mullwindel auf. Diese wird dann gegebenenfalls mit einer Sicherheitsnadel fixiert und eine Gummihose oder Wollhose darüber gezogen. Fertig ist das riesige Windelpaket und das Baby liegt wie ein Käfer auf dem Rücken.
Doch das ist Vergangenheit. Denn nicht nur die Windel zum Wegwerfen hat sich weiterentwickelt: Heute stehen die modernen Stoffwindeln den Einwegwindeln in nichts mehr nach. Es kommen moderne Materialien oder aber auch die alten Mullwindeln („Spucktücher”) oder Moltoneinlagen zum Einsatz.
Die süßen waschbaren Windeln sind trotz ihrer Vorteile noch immer recht unbekannt. Warum eigentlich? Glauben die Menschen noch immer die albernen Mythen mit Auskochen und Geruchsbelästigung?
Heute möchte ich einige Gründe vorstellen, warum Stoffis unbedingt bekannter werden sollen und du sie für dein Baby kaufen solltest.
1. Stoffwindeln sehen süß aus, sind kinderleicht angelegt und bequem
Süße Muster, bunte Farben und kuschelige Materialien – so sieht die Stoffwindel von heute aus. Weiche und elastische Gummibündchen passen sich dem Baby an Beinchen, Bauch und Rücken perfekt an und verhindern zuverlässiger als jede Wegwerfwindel ein Austreten von flüssigem Stuhl.
Stoffwindeln sitzen etwas tiefer, eher wie eine Unterhose und machen einfach einen süßen Po. Je nach Modell sind im Inneren der Windel Materialien verarbeitet, welche das „Stay dry”-Gefühl erzeugen. Je nach Vorliebe kann beim Stoffwickeln auch komplett auf synthetisches Material verzichtet oder vegan gewickelt werden. Mit praktischen Klettverschlüssen oder Druckknöpfen lassen sich die Stoffwindeln schnellund flexibel schließen.
2. Stoffwindeln sind einfach und pflegeleicht
Stoffwickeln ist längst nicht mehr kompliziert. Vor etwa 10 bis 15 Jahren wurde in den USA die Stoffwindel revolutioniert. Als Nässeschutz dient nun das praktische PUL (= Polyurethanlaminat), welches wasserdicht, geruchsdicht und sehr atmungsaktiv ist. Es bildet die dünne und weiche Außenhülle der Stoffwindel und trägt kaum auf.
Wolle ist nach wie vor als Nässeschutz im Einsatz und kommt modern, bunt und weich daher. Das Innere der Windel bildet der Saugkern. Dieser kann angenäht, eingelegt oder eingeknöpft werden. Als Saugmaterial stehen beispielsweise Baumwolle, Bambusviskose oder Hanf zur Verfügung. Allesamt sind sehr saugstark und hautfreundlich.
Je nach Wunsch der Eltern können verschiedene Stoffwindel-Systeme kombiniert werden. Sogenannte All-in-Ones oder Komplettwindeln funktionieren beispielweise wie eine Einwegwindel. Nach dem Wickeln wirft man sie nicht weg, sondern komplett in die Wäsche.
Mehrteilige Systeme wie Prefoldüberhosen müssen nicht komplett gewaschen werden. Man benutzt die wasserdichte Überhose weiter und tauscht immer nur die Saugeinlagen aus. Als Saugeinlagen eignen sich beispielsweise Prefolds oder die gute alte Mullwindel, welche zu einem Steg, also wie eine Damenbinde, gefaltet werden kann.
Zur Aufbewahrung der benutzen Windeln nimmt man einfach eine wasserdichte Tasche (sogenannte Wetbag, die übrigens auch geruchsdicht ist) oder eine Windeltonne. Diese Wetbag ist ebenfalls aus PUL und somit ist die Geruchsbelästigung wie man sie mit Wegwerfwindeln kennt passé.
Auch zum Waschen muss man keinen Suppentopf mehr opfern oder die Windeln auskochen. Das erledigt alles die Waschmaschine. Einmal vorspülen und dann ein Koch-/Buntwaschprogramm bei 40 oder 60°C nutzen. Bis Beikoststart ist der Stuhl übrigens komplett wasserlöslich. Danach kann das große Geschäft bequem mit einem Windelvlies (meist aus Zellstoff) entsorgt werden.
3. Stoffwindeln sind gut für Mensch und Umwelt
In 3 Jahren Wickelzeit wandern pro Kind etwa 5000 Wegwerfwindeln auf den Müll. Das ist eine unheimliche Belastung für die Umwelt und macht bereits 10% des gesamten Restmülls aus! Dieser landet entweder auf Deponien oder in der Müllverbrennungsanlage. So oder so: Die Ressourcen für den Planeten sind unwiederbringlich verloren.
Laut der neuesten Studie der britischen Umweltbehörde Defra kann man mit Stoffwindeln in 2,5 Jahren 200 kg Kohlenstoffdioxid einsparen (Vgl. Wegwerfwindeln 550 kg, Stoffwindeln 350 kg). Stoffwindeln verbrauchen bereits bei der Herstellung weniger Ressourcen als Wegwerfwindeln. Eine Stoffwindel (All-in-One) kann 200
Wegwerfwindeln ersetzen, wenn man sie für nur ein Kind nutzt (25 Stoffwindeln im Gegensatz zu 5000 Wegwerfwindeln). Wird sie für weitere Kinder verwendet, vervielfacht sich dieser Effekt natürlich.
Doch nicht nur für die Umwelt sind Wegwerfwindeln schädlich. Auch für uns Menschen können die in den Einwegwindeln enthaltenen Chemikalien gefährlich werden: Weichmacher in der Kunststofffolie wirken wie Hormone. Farbstoffe, Bleichmittel, Parfüme und Lotionen können die Haut und Atemwege reizen (besonders bei Frühgeborenen), der Superabsorber (SAP) trocknet
Schleimhäute aus und begünstigt Infektionen und Pilzbefall im Intimbereich des Babys.
Da in Einwegwindeln kaum Luftzirkulation herrscht, entsteht ein Wärmestau. Dieser kann bereits bei männlichen Babys die Keimdrüsen in den Hoden und somit die Fruchtbarkeit schädigen.
Bei Neugeborenen unterstützt breites Wickeln die Hüftentwicklung (Vgl. Dr. Fettweis). Je nach Anlagetechnik der Stoffwindel kann sie im Schritt breit oder schmal angelegt werden.
Durch Stoffwindeln lernt man sein Baby und seine Ausscheidungen anders kennen. Man bekommt ein Gefühl für Zeitpunkt, Menge und Qualität der Ausscheidungen und bemerkt frühzeitig Veränderungen, welche auf eine Erkrankung (oder einen neuen Zahn) hinweisen könnten. Außerdem fördern sie die Wahrnehmung und den natürlichen Umgang mit den eigenen Ausscheidungen und vermitteln dem Kind, dass es etwas völlig Normales tut.
4. Stoffwindelnwickeln entspannt
Auf Sonderangebote lauern, Rabattcoupons sammeln, die Kisten mit Wegwerfwindeln zu Hause lagern, täglich den stinkenden Windelmüll wegbringen, sonntags Panikattacken, weil man vergessen hat, Windeln zu kaufen und gerade die letzte benutzt hat… all das kann man sich mit einem Satz waschbarer Stoffwindeln ersparen.
Mit 25 Komplettwindeln beziehungsweise 6 Überhosen und 25 Saugeinlagen kommt man entspannt über mehrere Tage. Die Windeln müssen je nach Menge und Bedarf 1-3x pro Woche gewaschen werden. Die meisten Modelle können zusammen mit der „Kochwäsche“ (z.B. Handtücher) bei 60°C gewaschen werden. Sind die Saugeinlagen doch noch nicht wieder einsatzbereit, kann man einfach kleine Handtücher, Spucktücher oder Waschlappen nutzen.
Das Vorbereiten der Stoffwindeln kann vor oder direkt beim Wickeln erfolgen. Oft entstehen so schöne Wickelrituale. Man nimmt sich Zeit für den Windelwechsel und das Baby kann etwas ohne Windel strampeln. Wegwerfwindeleltern kennen die hektische Suche nach einer Wickelgelegenheit, sobald man den Verdacht auf ein großes Geschäft hat. Da bei kleinen Babys der Stuhl
sehr flüssig ist, laufen Einwegwindeln schneller aus und man muss das ganze Baby oder zumindest den Body und die Strumpfhose umziehen. Die weichen Gummibündchen der Stoffwindeln halten Stuhl zuverlässig auf.
5. Stoffwindeln sparen jede Menge Geld
In 3 Jahren Wickelzeit wandern wie bereits erwähnt etwa 5000 Wegwerfwindeln in den Hausmüll. Dies verursacht bei Nutzung der günstigen Hausmarken der Drogerien oder Supermärkte Kosten von etwa 1500€.
Bei Premiumherstellern oder ökologischen Herstellern verdoppelt sich der Betrag schnell. Sonderangebote sind da natürlich attraktiv und man kauft auf Vorrat, da man nicht eines Abends vor einer leeren Packung stehen möchte. Wegwerfwindeln sind in verschiedenen Größen erhältlich. Das bedeutet leider auch, dass der Nachwuchs aus einer Größe bereits herausgewachsen ist und man noch mehrere gehamsterte Packungen zu Hause hat. Verkaufen lassen sich diese im Gegensatz zu Stoffwindeln schlecht. Kindergärten oder Kindercafés sowie diverse Heime nehmen sie aber gern.
Anders bei Stoffwindeln: In der Anschaffung kosten sie je nach System und Marke zwischen 200€ bis 800€. Sie lassen sich für mehrere Kinder nutzen und danach sogar zu einem sehr guten Preis wiederverkaufen. Kauft man gebrauchte Stoffwindeln, sind die Anschaffungskosten deutlich geringer.
Während der gesamten Wickelzeit fallen nur knapp 130€ für Strom und Wasser an, wenn man 2-3 Mal wöchentlich eine Waschmaschine mit reiner Windelwäsche bei 60°C wäscht. Sinnvoller ist es allerdings, die Windeln in der Waschmaschine erst zu spülen und dann gemeinsam mit Handtüchern und Co. zu waschen.
Stoffwindeln wachsen außerdem mit. Es gibt Modelle, welche von 3,5 bis 16 kg passen, also von Geburt bis zum Trockenwerden. Aber auch Mehrgrößensysteme sind möglich und je nach Statur des Kindes sinnvoll (beispielsweise <9kg, >9kg). Die kleinere Größe kann man entweder verkaufen oder wieder für weitere Kinder aufbewahren oder ausleihen.
Wer nun Lust auf Stoff bekommen hat, hat die Möglichkeit, sich eine Stoffwindelberaterin in seiner Nähe zu suchen oder in den zahlreichen Stoffwindelshops zu stöbern. Schon gewusst? Es gibt nicht nur Windeln aus Stoff. Auch Binden, Slipeinlagen, Stilleinlagen und Schwimmwindeln gibt es als saugstarke und umweltfreundliche Alternative.
Ich freue mich, dass Manjulali mir die Möglichkeit gegeben hat, diesen Artikel für euch zu schreiben.
Eure Jessica