Chiasamen sind in aller Munde. Superfoods haben sich sowieso zum allgemeinen Gesprächsthema entwickelt. Nur wenige Menschen sprechen allerdings über Leinsamen. Ein Plädoyer für die völlig unterschätzten Supersamen.
Letzte Woche besuchte ich ein Restaurant, in dem die Plätze ausgesprochen eng beieinander liegen. Unfreiwillig bekam ich infolgedessen das Gespräch meiner Tischnachbarinnen mit. Die Kernaussage des Gespräches, das ich mitverfolgen konnte war: Superfoods sind überteuerte Yuppieprodukte, die eigentlich niemand braucht.
Besonders schlecht kamen Chiasamen im Gespräch davon. Sie seien teuer, geschmacklos und der Transport könne doch nicht nachhaltig sein. Da äße man doch lieber jeden Tag eine Zitrone und hätte allein damit ausreichend Antioxidantien zu sich genommen.
Gedanklich habe ich den beiden absolut Recht gegeben – bis auf das mit der Zitrone. ABER: Zwar wirken Chiasamen im ersten Moment teuer, jedoch sind sie sehr ergiebig. Grundsätzlich ist jedem selbst überlassen, wie viel Geld er für seine Ernährung ausgibt; für mich persönlich sind Ernährung und Gesundheit von hoher Priorität. Dazu später mehr.
Leinsamen sind eine günstige und nachhaltige Alternative zu Chiasamen
Nun komme ich auf die wunderbaren Leinsamen zurück – denn sie sind eine günstige und nachhaltige Alternative. Leinsamen kosten im Durchschnitt drei Euro pro Kilo, Chiasamen im Vergleich kosten im Durchschnitt zehn Euro pro Kilo. Herkunftsländer für Leinsamen sind überwiegend Deutschland, Holland, Marokko, Belgien und Argentinien. Regionale Leinsamen sind somit erhältlich und der Superfood-Einkauf bleibt nachhaltig.
Ihr besonderes Aroma macht die Leinsame aus
Geschmacklich unterscheidet sich die Leinsame besonders in ihrem nussigen Aroma von Chiasamen. Je nachdem wie man die Samen einsetzen möchte, bietet sich die geschmacksneutrale oder die -intensive Variante besser an. Letztlich bleibt es selbstverständlich Geschmackssache.
Unser Körper braucht Omega-3-Fettsäuren
Dass wir Omega-3-Fettsäuren zu uns nehmen müssen, wissen inzwischen nicht nur die Superfood-Fans. Sie gehören zu den essentiellen Fettsäuren und werden nicht vom Körper selbst hergestellt. Leinsamen sind eine gute Omega-3-Quelle. Alternativ wird auch gerne Leinöl genutzt. Pur schmeckt es ein wenig gewöhnungsbedürftig; es empfiehlt sich also, das Öl beispielsweise in das Frühstück zu mischen – ebenso kann man Leinsamenschrot für das Frühstück verwenden.
Leinsamen werden als natürliches Abführmittel eingesetzt
Durch die Schleimstoffe – eine Form der Ballaststoffe – die in der Leinsame stecken binden sie Wasser und quellen auf. Da die Schleimstoffe unter der Schale sitzen, sollten diese vor dem Verzehr geschrotet werden. Leinsamen sind auch in der geschroteten Version erhältlich, werden dann aber schneller ranzig.
Leinsamen wirken verdauungsfördernd, da sie im Darm aufquellen. Wer seine Verdauung lediglich anregen möchte, sollte Leinsamen nicht überdosieren.
Leinsamen unterstützen die Entgiftungsorgane
Leinsamen binden nicht nur Wasser. Auch Gift- und Schadstoffe sollen gebunden werden können und schneller ausgeschieden werden. Wer beispielsweise mit Säften entgiften möchte, kann diesen geschrotete Leinsamen hinzufügen. Die entgiftende Wirkung von Lebensmitteln ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen.
Nährstoff- und Vitalstoffquelle Leinsamen
Immer wieder wird darauf hingewiesen, wie fetthaltig Leinsamen sind. Tatsächlich bestehen sie zu 40% aus Fett, doch wer isst schon am Tag 100g Leinsamen, denn nur dann könnten sie ernsthaft zu Kalorienbomben werden. Zudem werden die Leinsamen aufgrund ihrer Ballaststoffreiche zu großen Teilen wieder ausgeschieden.
Neben ihrem Fettgehalt können die Samen auch mit einer hohen Eiweißkonzentration punkten. Wer gerne nach dem Sport einen gesunden Shake trinkt, kann diesen mit Leinsamen aufpeppen.
Erwähnenswert sind zudem die Inhaltstoffe Linamarin, Lecithin, Sterinn, Vitamin B1, B2, B6 und Vitamin E.
Veganer Ersatz für Eier kann aus Leinsamen hergestellt werden
Um ein Ei zu ersetzen, nimmt man 18g geschrotete Leinsamen, das entspricht ungefähr 2 ½ EL und 45ml beziehungsweise 3 EL warmes Wasser. Dieser Ei-Ersatz dient als Bindemittel. Wer Ei als Triebmittel ersetzen möchte, sollte auf Pflanzenmilch mit Essig zurückgreifen.
Leinsamen können sowohl für herzhafte als auch für süße Speisen genutzt werden
Ich persönlich füge Leinsamen am liebsten meinem Porridge bei oder streue sie beim Abendessen auf das Gemüse. Das nussige Aroma passt sowohl zu lieblichen als auch zu herben Geschmäckern. Drei Varianten, wie ich Leinsamen gerne nutze und die zeigen, wie vielseitig sie einsetzbar sind:
Cremiger Erdnuss-Shake
Zutaten für eine Portion
- 1 Banane
- 1 EL Erdnussmus
- 200ml Mandelmilch (die Flüssigkeit ist je nach Belieben austauschbar)
- 1 gehäufter EL Leinsamenschrot
Zubereitung
- Wenn die Leinsamen nicht bereits geschrotet sind kannst du sie zu Beginn in den Mixer geben und kleinhäxeln, selbst Schroten oder Mörsern.
- Im Anschluss die Hälfte der Flüssigkeit zugeben und warten, bis die Masse eine schleimige Konsistenz hat.
- Die Banane, das Erdnussmus und die restliche Flüssigkeit hinzugeben und mixen. Alternativ funktioniert dieses Rezept auch mit einem Pürierstab oder einer Gabel und ein wenig Krafteinsatz.
- Dafür am besten zuerst die Banane mit der Gabel zerdrücken.
Selbstgemachte Müslimischung
Zutaten für 6 Portionen
- 250g Haferflocken
- 100g gepoppter Amaranth
- eine Handvoll Nüsse
- eine Handvoll Sonnenblumenkerne
- 2 gehäufte EL geschrotete Leinsamen
- eine Handvoll Rosinen
- optional eine kleine Handvoll Gojibeeren
Zubereitung
- Alle Zutaten zusammengeben, mischen und in ein luftdichtes Gefäß geben.
- Für eine glutenfreie Alternative Haferflocken mit Buchweizen ersetzen.
- Je nach Geschmack sind die Zutaten austauschbar. Wer allergisch gegen Nüsse ist, kann diese weglassen oder mit Kürbiskernen ersetzen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Frischgebackenes Dinkelbrot
Zutaten
- 280g Dinkelmehl
- 250g Vollkorndinkelmehl
- 30g geschrotete Leinsamen
- 50g Sonnenblumenkerne
- 50g Kürbiskerne
- 1 Pck. Trockenhefe
- 1 ½ EL Apfelessig
- 1 EL Olivenöl
- 1 TL Salz
- ca. 600 ml Wasser
Zubereitung
- Die Samen und Kerne in eine Schale geben und mit warmem Wasser bedecken. Eine gute halbe Stunde quellen lassen.
- 400ml warmes Wasser in eine Rührschüssel geben. Trockenhefe, Apfelessig und Salz dazugeben und verrühren, bis sich die Hefe aufgelöst hat.
- Das Mehl in eine weitere Schüssel geben. Die Kerne sieben und zum Mehl dazugeben. Die Hefemischung und das Olivenöl ebenfalls unterrühren.
- Die Zutaten mindestens 3 Minuten lang kneten bis eine klebrige Masse entsteht. Wirkt der Teig noch zu trocken, einfach etwas Wasser hinzufügen.
- Den fertigen Teig in eine gefettete Kastenform geben und 30 bis 50 Minuten an einem warmen Ort gehen lassen. Den Ofen auf 180°C Ober- und Unterhitze vorheizen.
- Wenn die Oberfläche des Teigs sich gehoben hat und geglättet aussieht kann das Brot für 50 bis 60 Minuten in den Ofen.
Altbewährte Klassiker oder Superfoods – Was eignet sich besser?
Zum Schluss kann ich es doch nicht lassen, auf das Argument der Zitrone als Alternative zurückzukommen. Sowohl Zitronen als auch Chiasamen und Leinsamen sind reich an Antioxidantien. Die meisten Lebensmittel sind austauschbar. Passen Leinsamen nicht zum Abendessen, aber es soll unbedingt reich an Omega-3-Fettsäuren sein, eignet sich selbstverständlich eine Avocado genauso gut. Letztlich geht es darum gesund, ausgewogen und nach dem eigenen Geschmack zu essen.
Niemand sollte dafür verurteilt werden wie er seine Prioritäten setzt. Investiere in Lebensmittel, spare an Lebensmitteln – Hauptsache du tust es mit einem guten Gefühl.