Guten Tag. Es ist Zeit für eine Beichte: Ich habe geraucht. Nur wenige Stunden, bevor Sie diesen Text lesen. Und ich werde es wieder tun. Lassen Sie mich zu meiner Verteidigung bitte folgendes anbringen: Ich unterstütze das Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden und mittlerweile auch das in Gaststätten, ich finde Zigarettenwerbung gehörte verboten – und ich rauche ziemlich wenig. Aber hin und wieder bilde ich mir ein, eine Kippe anzünden zu müssen – als Belohnung, Beruhigung oder bloß Beschäftigung.
Klar, rauchen stinkt und ist ungesund. Das aber betrachte ich als mein persönliches Problem, solange ich niemanden einqualme. Das größere Übel des Rauchens liegt darin, was es anderen zufügt. Ich meine nicht nur die Belästigung und Gefährdung der Passivraucher. Denn damit sind die negativen Auswirkungen des Rauchens längst nicht ausreichend beschrieben. Die für uns weitgehend unsichtbare Katastrophe des Rauchens hängt mit der Tabakproduktion zusammen:
Großflächige Abholzungen in Lateinamerika und Afrika zum Beispiel. Das liegt zum einen daran, dass die Böden nach einigen Jahren Tabakmonokultur ausgelaugt und vergiftet sind. Dann werden die Tabakfelder verlegt und verdrängen den Nahrungsmittelanbau und natürliche Wälder. Vor allem fehlt es in den Anbauländern meist an Geld für Gas, Öl und Kohle, so dass laut Greenpeace rund 62 Prozent der weltweit geernteten Tabakblätter über Holzfeuern getrocknet werden. Dabei dachte ich bisher, dass der Tabak in der Sonne trocknet.
Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums sind aber mehr als acht Kilogramm Holz nötig, um ein Kilo Virginia-Tabak zu trocknen. Die Organisation Fairtade Deutschland spricht sogar von unfassbaren 160 Kilo Holz pro Kilo Tabak und nennt folgende Faustregel: „Ein durchschnittlicher deutscher Raucher vernichtet alle drei Monate einen Tropenbaum“.
Kinderarbeit und Einsatz von Pestiziden beim Anbau von Zigaretten-Tabak
Das ist starker Tobak, fürwahr. Und damit nicht genug: Jede Menge Pestizide und andere Agrochemikalien wie synthetische Dünger und Wachstumsregulatoren werden auf die Tabakfelder geschüttet. Das schädigt nicht nur Gewässer und Böden, sondern vor allem die Gesundheit der im Tabakanbau beschäftigten Menschen. Arbeiter – darunter häufig Kinder – erkranken zudem auf Tabakplantagen häufig an der „Grünen Tabakkrankheit“, die durch Hautkontakt mit den nikotinhaltigen Blättern entsteht und zu Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Kopfschmerzen, Atemnot und Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt.
Doch wenn Tabak eines der wichtigsten Agrarprodukte der Welt ist, wäre es dann nicht wenigstens sinnvoll, den Tabakanbau nachhaltiger zu gestalten? Ist das zynisch oder konsequent? Auf jeden Fall scheint es ein Tabuthema zu sein, denn was wie Rauchen grundsätzlich nicht nachhaltig sein kann – wie unter anderem der Deutsche Nachhaltigkeitsrat meint – das soll offenbar auch nicht verbessert werden, sondern besser gleich ganz verschwinden.
Zigaretten können offizielle nicht Bio oder Fairtrade sein
So weigert sich etwa Fairtrade Deutschland grundsätzlich, Tabak als fair gehandelt zu klassifizieren. Zugleich darf auch keine Zigarette mit „bio“ werben, auch wenn der Tabak selbst tatsächlich ökologisch angebaut wurde. So hat es der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden, dabei ist in der Europäischen Bioverordnung das Thema Gesundheit gar kein Kriterium. Das musste die bekannteste „Öko“-Zigarettenmarke American Spirit erfahren, die übrigens – entgegen der landläufigen Meinung – nur für ihre „Organic“-Linie auch ökologisch angebauten Tabak verwendet. Immerhin versucht die Santa Fe Natural Tobacco Company (mittlerweile ein Teil des Tabakkonzerns R.J. Reynolds Tobacco Company (Camel)), den gesamten Anbau umweltfreundlicher und sozialer zu gestalten. Und – das ist vor allem für die Gesundheit entscheidend – es wird auf die unzähligen giftigen Zusatzstoffe verzichtet.
Richtig positiv aus dem Zigarettenregal sticht einzig die Marke Yuma hervor. Sie trägt – das ist wohl das höchste der Gefühle – immerhin ein Zertifikat des anerkannten Schweizer Instituts für Marktökologie (IMO). Das ist die Marke meiner Wahl: fair gehandelt und – pssst – aus Bio-Tabak: ohne Pestizide, ohne Zusatzstoffe und ohne Kinderarbeit. Immer noch nicht gesund, aber zumindest für die Produzenten eine echte Verbesserung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen: Ein kleiner Zug für die Lunge und ein großer Schritt in Richtung nachhaltige Landwirtschaft.
Weitere Informationen:
Report Umweltrisiko Tabak – von der Pflanze zur Kippe des Deutschen Krebsforschungszentrums: http://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2009/dkfz_pm_09_59.php