Florian Palzinsky ist im Salzkammergut, Oberösterreich, aufgewachsen. Er lebte 15 Jahre in Asien, war 15 Jahre lang Buddhist, davon 12 Jahre als buddhistischer Mönch der Theravada-Tradition. Seit 15 Jahren widmet er sich dem Yoga und seit 2004 ist er freiberuflicher Meditations- und Yogalehrer. Seine ungewöhnlichen Erfahrungen als Mönch hat er in seiner Autobiographie „Wie ein Fremder im Paradies“ beschrieben. Für evidero hat er Auszüge aus seinem autobiographischen Werk zusammengefasst.
Vorweg möchte ich anmerken, dass meine persönliche meditative Praxis auch nach drei Jahrzehnten von menschlichen Emotionen und Denkgewohnheiten gefärbt ist; und trotzdem bin ich der Überzeugung, dass es kein effektiveres Mittel gibt, Leiden zu transzendieren (aufzulösen) und Zufriedenheit zu erleben. Aus diesem Grund ist für mich ein Leben ohne Meditation nicht vorstellbar.
Mit Meditation im Fluss des Lebens präsent sein und Zufriedenheit erlangen
„Haben oder Sein?“ von Erich Fromm war jenes Buch, welches mich im Alter von 16 Jahren auf den spirituellen Weg gebracht hat und diese essentielle Frage begleitet mein Leben bis heute: Will ich es besitzen, festhalten, kontrollieren und manipulieren, oder ist es mir möglich, mich dem Fluss des Lebens hinzugeben, mit dem sein zu können, was sich gerade in mir und um mich herum präsentiert? . . . Vielleicht sogar in dem doppeldeutigen Sinne des englischen Wortes ‚present‘, was sowohl ‚Gegenwart‘ als auch ‚Geschenk‘ bedeutet.
Inspiration, Neugierde, Courage und Geduld ebnen den individuellen spirituellen Weg
Schon in der Mittelschule nahm ich mir morgens regelmäßig die Zeit für ein paar Minuten einfach in Stille zu sitzen, was mir manchmal mehr und manchmal weniger gut gelang. Ich hatte damals niemanden, den ich über Meditation fragen konnte und die Literatur zu diesem exotischen Thema war auch sehr beschränkt. Und trotzdem hatte ich schon als Jugendlicher eine große Neugierde, die notwendige Courage und Geduld, immer wieder einfach nur mit mir und meinem oft unruhigen und verwirrten Geist alleine zu sein.
Und trotz aller Hindernisse hatte ich intuitiv das Gefühl, dass dieses tägliche „Rendezvous mit mir selbst“ etwas ganz besonderes ist . . . und tatsächlich entfaltete sich daraus einer der wichtigsten Grundsteine für meinen spirituellen Weg.
Jahrtausendalter Buddhismus als Inspirationsquelle für eine moderne Spiritualität
Nach dem Schulabschluss machten sich in mir zwei Kräfte stark, die mich schließlich aus den damals üblichen und bekannten Lebensbahnen herausrissen: Die Überzeugung, dass nichts von dem, was mir an Studien- und Berufsmöglichkeit offen stand, mich zufriedenstellen würde; und die Ahnung, dass es im Leben mehr gibt, als wir über unsere Sinne wahrnehmen.
Da es in mir eine große Sehnsucht gab, die mir bekannte und leidvoll erscheinende Welt zu transzendieren, aber mir dazu die Anleitungen und die Klarheit fehlten, rutschte ich mit 20 Jahren in eine Lebenskrise, die sich erst mit der „Entdeckung“ des Buddhismus legte.
Da der Buddha eigentlich nur zwei Dinge lehrte, „Was ist Leiden (Dukkha), und wie kann ich es auflösen“, war diese Botschaft für meine unbefriedigende Lebenssituation ein idealer Ausgangspunkt. Schließlich beschloss ich, buddhistischer Mönch in Asien zu werden, denn ich hatte das Gefühl, in meiner bekannten Umgebung weder etwas zu verlieren, noch zu versäumen.
Außerdem wurde meine kompromisslose Entscheidung dadurch unterstützt, dass der Buddha seine Lehrreden (Dhamma) in erster Linie an jene gerichtet hatte, die den Schritt in die Hauslosigkeit gegangen waren. (Mit dem Pali-Begriff “Anagarika” (Hausloser) wird jemand bezeichnet, der seinen ganzen weltlichen Besitz und seine weltlichen Bindungen hinter sich gelassen hat, um sein Leben ausschließlich der Spiritualität und dem Streben nach Erleuchtung zu widmen.)
Das Zuhause, die Familie, die Freund zurücklassen, um buddhistischer Mönch zu werden
Um diesen radikalen Lebenswandel wirklich in die Tat umzusetzen und um mein gewohntes Zuhause, meine Familie und Freunde, meine Heimat und meine Kultur hinter mir zu lassen, war ein unerschütterliche Glaube an Karma (das Gesetz von Ursache und Wirkung) und Samsara (durch Karma bedingte Wiedergeburt) ausschlaggebend. Dadurch verschwanden meine Ängste, dass ich nur Spielball undurchschaubarer Kräfte sei und die materialistische Einstellung, dass es nur dieses Leben und diese Welt gäbe.
Auch wenn ich mit der Zeit irritiert bemerken musste, dass auch der Geist eines Mönches extrem kreativ sein kann, sich von einer meditativen Praxis abzulenken. Speziell da ich als Mann gerade in den „besten Jahren“ stand. Jedoch gab mir die buddhistische Lehre über Achtsamkeit und Meditation eine unersetzbare Stütze auf meinem ungewöhnlichen und meist einsamen Weg.
Vier Kategorien der Achtsamkeit und drei Arten von Meditationen lehrt der Buddha
Der Buddha hat die Achtsamkeit (Sati) in vier Kategorien unterteilt:
- Achtsamkeit in Bezug zum Körper,
- zu Gefühlen,
- zu geistigen Phänomenen,
- zu anderen essentiellen Gesetzmäßigkeiten,
die man durch meditative Ruhe und Gelassenheit beobachten kann.
Zusätzlich hat er drei Arten von Meditationen gelehrt:
- Kontemplation zu unterschiedlichen Themen wie „Liebende Güte“ (Metta-Bhavana) oder „Tod und Sterblichkeit“ (Marananu-Sati).
- Konzentration auf ein bestimmtes Meditationsobjekt (Samatha), um den Geist vom end- und ziellosen Herumirren zu einer gewissen Ruhe zu bringen. Dabei ist die Achtsamkeit auf den Atem (Anapana-Sati) einer der wichtigsten Übungen, da der Atem als Spiegel der Seele (Atman) gilt und immer beobachtbar ist.
- Die Einsichtsmeditation (Vipassana) ist die Essenz der buddhistischen Lehre; dabei werden mit meditativer Ruhe und Gelassenheit drei Qualitäten beobachtet: Alle Phänomene sind im Wandel (Aniccha) und daher letztendlich nicht zufriedenstellend (Dukkha). Außerdem wird die „Ichlosigkeit“ (Anatta) erfahren und dabei erkannt, dass weder dieser Körper-Geist-Komplex, noch all das, was man durch ihn erfährt, tatsächlich „Ich“ bin oder „Mir“ gehört.
Die Lehre des Buddha Siddharta Gautama: Einsichtsmeditation für Egolosigkeit
Speziell dieser Lehre der Egolosigkeit bin ich in jener kompromisslosen Form später nur im Jnana-Yoga (Yoga der Weisheit) begegnet, wo sie als Advaita-Vedanta bezeichnet wird: Nichtdualität, wie sie in den essentiellsten Texten der Veden beschrieben wird. Dies ist sicherlich kein Zufall, da auch Siddharta Gautama ein Kind seiner Zeit war und es schon vor 2500 Jahren in Indien genug Hinweise gab, wo der Schlüssel zur Leidfreiheit zu finden ist. Allerdings ist es dem Buddha zu verdanken, dass diese Art der Einsichtsmeditation bis heute – zumindest in der Theorie – so bekannt ist.
Auch wenn mir in den zwölf Jahren meines Mönchseins der erhoffte Durchbruch zum ‚Nirvana‘ (völlige Auflösung des Egos) versagt blieb, so steht für mich nach wie vor die Wahrheit des Buddha und der Jnanis (Erleuchtete) wie ein Leuchtturm da und ist für mich Wegweiser; gerade in Zeiten, wo der unbegreifliche Ozean des Lebens sich wieder einmal von seiner stürmischen Seite zeigt.
Die passende Lehre zu finden ist der Schlüssel für die individuelle Meditationsform
Dieses unerschütterliche Vertrauen in eine bestimmte Richtung ersparte mir die Mühen und Verwirrungen, mich mit anderen unzähligen Meditationsformen auseinandersetzen zu müssen, die heutzutage am religiösen und esoterischen Jahrmarkt angeboten werden. Auch wenn einiges davon seriös und praktikabel erscheint, muss ich mir keine Gedanken mehr darüber machen, ob ich mich einer Chakra-Meditation oder vielleicht doch einer Klangreise widmen soll; ob ich ein bestimmtes Mantra rezitieren soll und welche Mala (Gebetskette) dafür zu verwenden ist; ob ich zusätzlich bestimmte Atem- oder Körperübungen machen oder doch lieber einen Astrologen oder Psychotherapeuten aufsuchen soll.
Nach all den Jahren der Meditationspraxis und des Unterrichtens bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Meditationswahl etwas sehr subjektives und individuelles ist. Daher kann ich jedem raten:
Mehr Infos zum Thema unter: www.simple-wisdom.net / www.millretreats.at