Wie oft wünschen wir uns, den Herausforderungen des Alltags mit mehr Gelassenheit und innerer Balance begegnen zu können. Doch allzu häufig lassen wir uns in emotionalen Momenten zu impulsiven Reaktionen hinreißen, die wir später bereuen. Oder wir versinken in einem Gefühl und wissen nicht, wie wir aus diesem Tief wieder raus kommen können. Die Gedanken und Gefühle nehmen uns dann völlig ein. Mit Hilfe des Inneren Beobachters lernen wir, zwischen uns und den Produkten unseres Geistes zu unterscheiden.
Es gibt tagtäglich mannigfaltige Auslöser für intensive Gefühle wie Angst, Ärger, Frustration, Trauer oder auch Freude und Euphorie. Sie sind Produkte unseres Geistes, seine Reaktionen auf das, was wir erleben. Solange wir uns völlig mit diesen Geistesregungen identifizieren, werden wir immer Eins mit dem jeweiligen Gedanken oder Gefühl sein, das gerade vorherrscht.
In intensiven Momenten kann es sich dann sogar so anfühlen, als ob wir völlig mit Schmerz, Angst, Wut ausgefüllt wären oder als ob die Gefühle uns überschwemmen und mit sich reißen würden. Andere Anteile unseres Selbst scheinen in solchen Momenten nicht mehr für uns zugänglich zu sein.
Bewusstsein: Gefühle mit einer gesunden Distanz wahrnehmen
Wir können uns allerdings vorbeugend in ruhigen Zeiten mit einer Instanz in uns verbinden, die immer da ist, die wir jedoch häufig “vergessen”: Unser Bewusstsein, dieser ruhige, kraftvolle und beständige Kern in uns, der sich nicht von unseren Gedanken und Gefühlen beeinflussen lässt.
Sobald wir uns bewusst machen, dass der Geist und unser Bewusstsein zwei unterschiedliche Anteile unseres Seins ausmachen, können wir innerlich eine gesunde Distanz zu unseren Gedanken, Gefühlen, Meinungen, Ideen, Wünschen einnehmen.
Denn diese ändern sich ständig, doch wir, in unserem Kern, bleiben immer gleich. Das gibt uns die Freiheit und die Sicherheit, alle Gefühle, auch die schmerzhaften, annehmen und furchtlos fühlen zu können: Sie vergehen, so viel ist sicher. Wir dagegen bestehen weiter. Wir sind nicht unsere Gedanken, sondern unsere Gedanken sind nur der interpretierende Teil von uns.
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Der Innere Beobachter ist der Aspekt in uns, der beobachten kann, was wir fühlen und denken, in dem Moment da die Gefühle und Gedanken in uns auftauchen. Er ist der wahrnehmende, der “sehende” Teil unseres Bewusstseins: Der innere Zeuge wertet nicht, greift nicht ein, lehnt nicht ab, lobt nicht und schimpft nicht: Er hat keine Meinung, sondern nimmt ohne Urteil wahr, was ist. Wenn wir uns mit dieser wertfreien Wahrnehmung verbinden, schaffen wir einen inneren Raum, in dem wir für einen Moment “die Zeit anhalten” können.
Anstatt auf einen “Trigger”, einen emotionalen Auslöser, impulshaft zu reagieren, entscheiden wir uns bewusst dafür, diese Impulse einfach wahrzunehmen, ohne ihnen zu folgen. Wir nehmen einfach eine “Pause” von unkontrollierten Reaktionen und holen so unsere unbewussten Denk- und Verhaltensmuster an die Oberfläche: Statt automatischen Reaktionsweisen ausgeliefert zu sein, geben wir uns so die Freiheit, Gewohnheiten aufzulösen, die unserer Gesundheit oder unserem Glück nicht mehr dienlich sind.
Übung: Wertfrei wahrnehmen – Innere Filme urteilsfrei betrachten
Stell dir vor, dass du der Zuschauer eines Films bist: Auf der Leinwand spielt sich dein gegenwärtiger Moment ab: Alles, was du hier und jetzt erlebst, begleitet von allen deinen Gedanken, Gefühlen und körperlichen Empfindungen. Schau dir mit dem wohlwollenden und wertfreien Blick deines Inneren Beobachters an, was du siehst.
Nimm die Geschichten in allen ihren Details auf, in dem Bewusstsein, dass es sich um einen “Film” handelt: Die Bilder kommen und gehen, genauso wie die Geschichten deines Lebens sich ständig ändern und einander abwechseln.
Erinnere dich immer wieder daran: Der Innere Beobachter bewertet nicht. Er akzeptiert wohlwollend, was sich im Kopfkino abspielt, doch weder feuert er die Helden (erwünschte Gefühle, Gedanken) an, noch lehnt er die “Bösewichte” (unerwünschte Empfindungen) ab.
Für den inneren Zeugen gibt es keine Helden und keine Bösewichte, denn er kennt kein gut oder schlecht, kein richtig oder falsch. Alles darf sein. Der Innere Beobachter ist mehr wie ein Kind, das fasziniert zum ersten Mal ein Objekt betrachtet und noch keine Vorstellung davon hat, wie etwas sein “sollte”.
Je länger du deine Gedanken und Gefühle zwar wertfrei, aber durchaus mit wohlwollender Aufmerksamkeit betrachtest, desto mehr wird sich dein Geist beruhigen und seine Dramen loslassen können. Eine geistige Verspannung ist vergleichbar mit einer muskulären Verspannung. Oft bemerken wir im Alltag gar nicht, dass wir die Schultern ständig hochziehen oder die Zähne aufeinander beißen.
Wenn es uns dann doch auffällt, genügt es meist, dass wir uns dessen bewusst werden: In dem Moment, da wir in die entsprechende Region hineinfühlen, senken sich die Schultern oder entspannt der Kiefer. Würden wir uns selbst dafür schimpfen, dass wir uns ständig verspannen, würden die Schultern sich vermutlich sofort wieder verkrampfen und schützend hoch ziehen.
Nur wenn wir wohlwollend und liebevoll annehmen, dass wir gerade gereizt oder traurig oder ängstlich sind, können wir die Gefühle durchleben, bis sie “fertig” gefühlt sind und schließlich gehen.
Mehr Praxis mit dem Inneren Beobachter
Fällt es dir schwer, wertfrei zu beobachten? Dann ist die Beschreibungsmeditation eine hilfreiche Übung, um auch starke Gefühle wohlwollend annehmen zu können, ohne mit ihnen zu einer Einheit zu verschmelzen.