Wie erläutert man die Wichtigkeit von Atemluft? Oder wie würde ein Fisch wohl überzeugend darstellen, wie gut es ihm tut, im Wasser zu sein? Nun – genauso schwierig ist es mit der Erklärung der Wichtigkeit der Naturverbundenheit für den Menschen. Bastian Barucker, Wildnispädagoge erklärt, wie uns die Natur hilft, wenn wir mit ihr verbunden sind.
Warum haben wir eine natürliche Urverbundenheit mit der Natur?
Der Mensch ist den größten Teil seiner Existenz (über 95 %) ein sehr naturverbundenes Wesen gewesen. Er lebte als Jäger und Sammler, eingebunden in die Rhythmen seiner Umgebung. Das Reifen der Beeren, das Erspüren der Windrichtung, das Erspähen von Tieren oder deren Spuren waren sein täglich Brot. Seine Sinne haben sich über Jahrtausende genau in dieser Lebensweise entwickelt und geformt. Es war überlebenswichtig, sich mit der Natur sehr verbunden zu fühlen und die Sprache des Waldes zu verstehen.
Was hat ein Jäger und Sammler von einst mit meinem modernen zivilisierten Leben zu tun? Soll ich jetzt in die Steinzeit zurückgehen, um wirklich gesund zu leben? Das sind die Fragen, die ich immer wieder höre, wenn ich die Entwicklung des Menschen anderen darlege. Natürlich schlage ich nicht vor, wieder in die Steinzeit zurückzugehen. Aber mit dem Bewusstsein über unsere Geschichte sind so manch´ neue wissenschaftliche Erkenntnisse besser zu verstehen.
Die Natur hilft uns, gesund zu leben
Wussten Sie, dass Menschen in Naturnähe besser Krankheiten auskurieren? Wussten Sie, dass ein Spaziergang im Wald in manchen Fällen beruhigender wirkt als ein Medikament? Wussten Sie, dass der gesamte Körper positiv reagiert, wenn er in einem Haus aus Holz schläft?
Und erinnern Sie sich selbst an das Gefühl, wenn Sie beladen mit Stress und Sorgen den Wald betreten, einen tiefen Atemzug nehmen und ausatmen. Fast jeder, den ich kenne, weiß um die beruhigende Wirkung der Natur. Wir können „abschalten“ und uns treiben lassen und entspannen. Diese wohltuende Eigenschaft ist uns allen klar, eigentlich ohne dass es dafür wissenschaftliche Erkenntnisse braucht.
Noch ein Mal erinnere ich an die Jäger und Sammler und daran, dass die Natur unser zu Hause ist. Das Gefühl des “Richtigseins” kommt aus unserer eigenen Historie als Bestandteil der Natur. Die Natur ist unsere Heimat und der Körper und unser gesamtes System entspannen sich, wenn wir unsere seit Urzeiten bekannte Heimat betreten. Hier sind wir unter Verwandten und Freunden, den Tieren, den Pflanzen, den Elementen, den Steinen und so vielen mehr. Sie haben seit Anbeginn der Menschheit unseren Weg begleitet und ohne sie wären wir nicht lebensfähig. Wir brauchen also die Natur, doch braucht sie uns?
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Wie kann ich dieses Gefühl der Verbundenheit stärken? Ganz wichtig ist es natürlich viel Zeit draußen zu verbringen. Nehmen Sie sich dabei die Zeit, langsam zu werden und neugierig zu sein. Lernen Sie ihre altbekannten Freunde vor ihrer Haustür kennen. Welcher Singvogel singt denn da? Und wo ist eigentlich sein Nest? Was isst er eigentlich den ganzen Tag? Woher kommt der Wind gerade und ist zurzeit abnehmender oder zunehmender Mond? Das sind nur ein paar Fragen, die dazu dienen können, sich bewusster auf den Wald einzulassen.
Doch ich werde Ihnen nun eines der kraftvollsten Werkzeuge der Naturverbundenheit mitgeben. Es kommt aus der Wildnispädagogik und begleitet mich seit über 12 Jahren. Wenn ich Leuten, die sich mit der Natur verbundener fühlen wollen, nur einen Tipp geben dürfte, dann wäre es der, sich einen Sitzplatz (Anleitung folgt) zu suchen.
Ich habe selber unglaubliche Dinge auf meinem Sitzplatz erlebt. Rehe sind unbesorgt direkt an mir vorbeigelaufen. Kleine Waldmäuse und Eichhörnchen sind über meine Beine gekrabbelt. Eulen und Greifvögel saßen über mir und ich hatte endlich die Zeit sie aus nächster Nähe gut kennenzulernen. Und vor allem habe ich innere Ruhe, und einen Frieden finden dürfen, in dem sich das ewig drehende Rad der Gedanken eine Pause gönnt.
Genau in diesem Augenblick spüren wir die tiefe Naturverbundenheit. Wenn alle Sinne auf die natürliche Umgebung gerichtet sind und wir sie intensiv und ausschließlich wahrnehmen. Wir riechen, hören, schmecken, schauen und spüren uns dabei selber. Genau dann ist kein Platz mehr für Gedanken. Dann tauchen wir ein in das pulsierende Leben des Augenblickes im Wald und vielleicht freuen sich ja Bäume und Tiere, dass wir endlich mitbekommen, wie schön es ist im Augenblick zu leben. Sicherlich schmunzeln sie dabei, denn sie machen das ja jeden Tag und jede Minute.
Die Sitzplatz Übung – Zurück zur Natur finden
Suchen Sie sich einen Ort ganz in der Nähe Ihres Wohnortes, der so natürlich wie möglich ist. Es kann eine Parkbank, das Ufer eines Flusses, oder auch eine Lichtung im Wald sein. Besuchen Sie diesen Ort, ihren Sitzplatz, regelmäßig, zum Beispiel drei mal die Woche. Verbringen Sie dort 45 Minuten. Seien Sie ganz präsent und anwesend und erleben Sie, wie die Sinne sich auf diese ursprüngliche Umgebung einstellen und sensibilisieren.
Und genau durch das Wiederentdecken dieser Sinne werden Sie die innere Stille, Ruhe und Verbundenheit finden, die so heilsam, wohltuend und erdend ist. Nach einer „Sitzung“ im Wald empfehle ich Ihnen ihr Erleben kurz in einem „Naturtagebuch“ zu notieren.