Bis 2050 rechnen Schätzungen mit einer Weltbevölkerung von 10 Milliarden Menschen. Diese zu versorgen wird eine der größten Herausforderungen diesen Jahrhunderts. Fest steht: Mit unserer aktuellen Lebensmittelproduktion und -verteilung ist dies nicht zu schaffen. Kann die Biochemie das Problem lösen?
Pflanzenfleisch und Milchersatz – Eiweiß aus Pflanzen gewinnen
Für Vegetarier und Veganer ist ein pflanzlicher Fleisch- oder Milchersatz nichts neues. Während sie sich noch vor wenigen Jahren mit Ersatzprodukten begnügen mussten, die mit den tierischen Produkten nicht viel gemeinsam hatten, werden sie nun von Geschmack und Konsistenz her immer ähnlicher.
Wie ist das möglich? Ganz einfach: Durch 400.000 unterschiedliche Pflanzenarten, die unterschiedliche Proteine zur Verfügung stellen. In der Forschung befasst man sich damit, Proteine zu finden, die dieselben Eigenschaften wie tierisches Protein aufweisen. Zum Beispiel chemisch so zu reagieren, dass sie aufschäumen oder gelieren können.
Das Ziel dabei muss sein, keine chemischen Zusatzstoffe zu verwenden, sondern auf reiner, natürlicher Pflanzenbasis tierische Produkte zu ersetzen. So entsteht eifreie Mayonnaise oder vegane Leberwurst. Es bietet die Möglichkeit, weiterhin dieselben Produkte zu essen, jedoch ohne tierische Bestandteile.
Kompliziert wird es da, wo Produkte wie Ei oder Fleisch komplett ersetzt werden sollen. Denn dem Verbraucher ist natürlich klar, dass Rührei ohne Ei nun mal kein Rührei ist. Hier liegt die Herausforderung darin, einen pflanzlichen Ersatz zu finden, dessen Eigenschaften dem des Ei oder Fleisch so sehr ähneln, dass der Verbraucher den Unterschied nicht mehr schmecken kann. Und das ist gar nicht so einfach.
Seitan, Tofu oder Lupine – Diesen Fleischersatz gibt es schon
Wer nicht erst darauf warten will, dass neue Produkte auf den Markt kommen, die Fleisch perfekt imitieren, kann auch jetzt zu Ersatzprodukten greifen. Diese unterscheiden sich in Geschmack und Konsistenz zwar vom Fleisch, können aber dennoch ein Gericht aufpeppen, in dem eine fleischähnliche Beilage gewünscht wird.
- Seitan wird aus Weizen gewonnen und ist daher für Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit nicht geeignet
- Tofu ist ein Produkt aus Soja und wird auch Sojaquark genannt
- Lupinen sind eine proteinreiche Bohnenart, Lupinenprodukte schmecken leicht nussig. Sie eignen sich nicht für Nussallergiker
Kann Nahrung vollständig ersetzt werden?
Noch weiter gehen einige Forscher der Firma Soylent im Silicon Valley, die auf die übliche Nahrungsaufnahme komplett verzichten wollen. Statt tierische Produkte durch pflanzliche zu ersetzen, legen sie den Fokus auf ein Getränk, dass alle wichtigen Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe enthält.
Es ist als wasserlöslisches Pulver erhältlich und dabei eben keine Nahrungsergänzung, sondern ein vollständiger Nahrungsersatz. Der Erfinder selbst deckt etwa 80% seines Nahrungsbedarfs mit dem künstlichen Produkt. Ob das auch gesund ist kann man sicher bezweifeln, immerhin kann es durchaus sein, dass wir auch Inhaltsstoffe aus Pflanzen brauchen, die noch gar nicht erforscht sind und deshalb dem Shake nicht beigefügt werden. Jede Pflanze hat eine einmalige chemische Zusammensetzung und diese wird vom Shake nicht kopiert. Gedacht ist es als zeitsparende Grundversorgung, die die Möglichkeit schafft, mit wenig Aufwand viele Menschen versorgen zu können.
Auch in Finnland wurden ähnliche Pulver bereits entwickelt. Doch ob dies wirklich die Zukunft der Versorgung der Menschheit sein wird? Immerhin verbinden wir mit Essen nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch Genuss oder soziale Gemeinschaft.
Der Mensch muss umdenken, wenn es weitergehen soll
Tatsache ist: Obgleich der Hunger nach Fleisch weltweit wächst, kann unser Planet diesen auf Dauer betrachtet nicht stillen. Entweder müssen wir uns umgewöhnen und auf die riesigen Mengen an Fleisch verzichten, die täglich verspeist werden, oder wir müssen uns mit pflanzlichen Ersatz begnügen. Es ist übrigens nicht nur das Fleisch, das uns in Zukunft ausgehen wird – auch bei Schokolade wird bereits eine Knappheit vorhergesagt, da zu viel Kakao geerntet wird.
Ein ungezügelter Konsum ist also auf Dauer nicht tragbar. Und welche Alternativen letztlich zum Tragen kommen, wird auch davon abhängen, wie wir uns jetzt und hier an die neuen Verhältnisse anpassen. Denn wer seinen Fleischkonsum drosselt, auf ökologische Landwirtschaft setzt und vermehrt regionale und natürliche Produkte kauft, kann dazu beitragen, den Planeten zu entlasten.