Die Qualität von Achtsamkeit entfaltet sich über das kontinuierliche Praktizieren. Eine gute Mischung aus formalen Übungen und Alltagsübungen sind sind die richtige Basis für eine stetige Entwicklung einer achtsamen Haltung. Was zählt ist Kontinuität. Und wenn man mal den Faden verloren hat, hat man jeden Augenblick wieder anfangen.
Üben, Üben, Üben – So wird Achtsamkeit zum Ritual im Alltag
Über Achtsamkeit kann man viel erzählen, man kann gute Bücher dazu lesen und sich mit anderen dazu austauschen. Da ist dann sicher auch viel Inspiration drin, aber es bleibt auch immer ein bisschen theoretisch. In Kursen mit absoluten Anfängern sehe ich oft viele kritische oder fragende Blicke und ganz leicht kann man ins Diskutieren über Anschauungen und Sichtweisen kommen. „Wie soll das gehen?“ fragt sich so mancher.
Letztlich kann man Achtsamkeit nur schwer erklären – man muss sie praktizieren. Und am besten ist es, man übt für eine Zeit mal kontinuierlich, egal ob es einem gefällt oder nicht gefällt. Nach einigen Wochen des regelmäßigen Übens entsteht dann so ein Aha-Effekt „Ahh, so fühlt sich an, wenn man Gedanken einfach an sich vorüberziehen lässt, ohne sich darin zu verwickeln…“ Und wenn man an diesen Punkt kommt, dann verselbstständigt sich das Üben mehr und mehr und wird zum Ritual im Alltag.
Formale Übungen als Grundlage des Achtsamkeitstrainings
Mit dem Praktizieren der sogenannten formalen Übungen, wie Sitzmeditation, Bodyscan, Gehmeditation und Yoga schaffen Sie die Basis für die geistige Sammlung und Vertiefung der inneren Stille. Damit üben Sie stetig, die Aufmerksamkeit zu lenken – die Position des sogenannten inneren Beobachters, der Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen wahrnimmt, ohne auf sie reagieren zu müssen wird mehr und mehr gestärkt. Der freundliche Blick auf die inneren Vorgänge und das Selbstmitgefühl kann sich weiter entfalten.
Am besten praktizieren Sie 4-5 mal pro Woche täglich 10 Minuten eine formale Übung. Suchen Sie sich dazu einen ruhigen Ort, an dem Sie nicht gestört werden. Schließen Sie die Tür und schalten Sie das Telefon ab. Schaffen Sie sich hierfür einen schönen Platz, an dem Sie gerne sind.
Es kann hilfreich sein, sich einen festen Zeitraum dafür zu reservieren, zum Beispiel morgens nach dem Aufstehen oder abends, wenn Sie von der Arbeit nach Hause kommen. Und wenn es dann zu diesem Zeitpunkt doch nicht geht, dann sollten Sie gleich einen alternativen Zeitpunkt dafür einplanen. Üben Sie zunächst mit den Audio-Anleitungen. Nach ein paar Wochen können Sie die Anleitungen auch weglassen und still für sich üben.
Sie können die formalen Übungen natürlich auch ausweiten und zweimal am Tag für 10 Minuten praktizieren oder den Zeitraum pro Übung ausdehnen. Aber schauen Sie, was tatsächlich für Sie realistisch und umsetzbar ist.
Alltagsübungen, um Achtsamkeit in das Leben zu integrieren
Für die formale Übung zieht man sich ja für einen gewissen Zeitraum aus dem Alltagsgeschehen raus und sucht die Stille. Achtsamkeit kann man aber auch mitten im Trubel des Alltags praktizieren. Und dafür gibt viele unterschiedliche Alltagsübungen. Einige davon möchte ich Ihnen hier gerne vorstellen.
1. Alltägliche Handlungen achtsam tun
Sie können kleine Dinge, die Sie sowieso täglich tun, in einer achtsamen Art und Weise tun. Zum Beispiel können Sie morgens ganz achtsam Zähne putzen. Richten Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit auf diesen Akt und spüren Sie ganz genau hin: der Geschmack der Zahncreme, die Bewegungen mit der Zahnbürste, der Schaum im Mund – machen Sie nur das und bleiben mit der Aufmerksamkeit bis zum Schluss dabei. Wischen Sie nicht zwischendurch das Becken, setzen Sie kein Kaffeewasser auf und planen Sie nicht im Kopf schon mal den Tag. Nur Zähne putzen, sonst nichts.
Das können Sie auch mit anderen Dingen tun: achtsam kochen, essen, duschen, spülen, aufräumen…
Am besten suchen Sie sich zunächst ein oder zwei Tätigkeiten, die Sie für die nächsten Wochen achtsam tun wollen und bleiben dann dabei.
2. Ein bisschen langsamer – den Alltag entschleunigen
Versuchen Sie insgesamt immer wieder ein bisschen Tempo aus Ihrem Alltag zu nehmen. Sie können dies zunächst bei ganz bestimmten Handlungen ausprobieren und dann ritualisieren – ohne Eile zur Bahn gehen oder Auto fahren, langsam und achtsam Treppen steigen oder langsam in der Küche eine Tasse Kaffee holen.
Wenn Sie bemerken, dass Sie sehr eilig sind und ein Gefühl von innerer Hektik aufkommt, nehmen Sie kurz dieses Körpergefühl wahr, halten Sie für ein paar Atemzüge inne und versuchen dann, ein klein wenig langsamer weiter zu machen.
3. Regelmäßig am Tag innehalten
Machen Sie drei mal täglich die 3-Minuten-Innehalten Übung aus Woche 1 (1 Minute Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen wahrnehmen – 1 Minute Aufmerksamkeit auf den Atem richten – 1 Minute den Körper als Ganzes wahrnehmen.)
Nehmen Sie sich am am Tag immer wieder Zeit, inne zu halten und sich für ein paar Augenblicke auf Ihren Atem zu konzentrieren. Zum Beispiel nach einer Arbeitsphase, nach Telefonaten, vor Besprechungen, vor einem neuen Arbeitspaket, wenn Sie nach Hause kommen. Sie können sich auch mit Hilfe eines Signals daran erinnern, zum Beispiel durch einen webbasierten Gong.
Einfach kurz stoppen und für fünf Atemzüge den Atem still und absichtslos wahrnehmen.
Fangen Sie klein an und schauen Sie, welche und wie viele Übungen für Sie im Moment am besten passen. Und dann machen Sie einfach immer weiter 🙂
Ich wünsche Ihnen viel Freude mit den Übungen!