Viele Yogis sind Veganer, viele Veganer machen Yoga – ein Zufall? Wohl kaum, denn beides passt gut zueinander. Dominik Grimm, der Initiator des Yogan-Konzeptes, erklärt uns im Interview, wie er zum yoganen Leben gekommen ist und was es bedeutet.
Lieber Dominik – Der Name deines Projektes „Yogan“ legt ja schon nahe, dass es um die Kombination von Yoga mit einer veganen Lebensweise geht. Wieso bietet sich vegane Ernährung für einen Yogi an – und wieso Yoga für einen Veganer?
Yoga führt uns im Laufe unserer Praxis vermehrt nach Innen. Viele äußere, materielle Dinge beginnen sich Stück für Stück als unwichtig zu erweisen; dafür steigen der Fokus und die Wertigkeit von immateriellen Qualitäten, wie Liebe und Mitgefühl. Dieses Mitgefühl veranlasst heute viele Yogis dazu, sich für eine vegane Lebensweise zu entscheiden, denn die „Produktion“ von tierischen Nahrungsmitteln hat weitreichende negative Folgen für Menschen, Tiere und die Umwelt.
Daneben steht natürlich ein weiterer, wichtiger Aspekt: Die Gesundheit. Immer mehr Studien weisen heute darauf hin, dass eine pflanzen-basierte bzw. vegane Ernährung die gesündeste für uns Menschen jeden Alters ist. Was viele Yogis zudem feststellen ist, dass die Umstellung auf eine vegane Ernährung sie subtiler empfinden und spüren lässt und dass sich infolgedessen ihre Yoga-Praxis positiv verändert und intensiviert.
Die vegane Ernährung ist ein Schritt zu einem gesunden und mitfühlenden Leben. Die Ernährung ist jedoch, wenn auch der wichtigste Aspekt, nur die Grundlage eines gesunden Lebens bzw. des Lebens überhaupt. Neben der Ernährung gelten heute Stress und Bewegungsmangel als die Hauptursachen für sogenannte Zivilisations-Krankheiten. Hier setzt Yoga an. Dabei ist Yoga nicht nur Sport oder eine Ansammlung von Entspannungs-Techniken. Yoga ist ein Übungssystem, welches Körper, Geist und Emotionen in gleichem Maße transformieren und so zu einem erfüllten und sinnvollen Leben führen kann.
Yogan verbindet nun beides miteinander und bildet somit ein zeitgemäßes und nachhaltiges Übungssystem für uns Menschen.
„Yoga“ ist ja ein sehr weites Feld, es gibt viele unterschiedliche Stile. Kommt es dir auf eine bestimmte Yoga-Richtung an?
Nein. Sowohl Yoga als auch die vegane Ernährung haben, wie du schon sagst, so viele unterschiedliche Stile bzw. Facetten oder Richtungen. Darüber bin ich sehr froh, denn durch diese Diversität spricht Yoga so viele Menschen an! Und auch die vegane Ernährung kann in unterschiedlichster Weise gelebt werden.
Der eine mag mehr Rohkost, der andere mag’s lieber gekocht. Meiner Meinung nach sollte hier jeder sein eigenes Yogan leben – experimentieren, ausprobieren, Spaß haben und dabei Gutes für sich und seine Mitwelt tun.
Yoga für den eigenen Geist, vegan für einen bewussten Umgang mit der Natur
Vegan leben verbindet man vor allem mit ethischen Gründen, mit Tierschutz und einem bewussten Umgang mit anderen Lebewesen. Ist der wichtigste Schnittpunkt also der spirituelle Aspekt des Yoga?
Sicherlich auch, aber nicht nur. Wie du gerade erwähnt hast, gibt es unterschiedliche Yoga-Stile; die einen etwas spiritueller, die anderen etwas körper-orientierter (obgleich das eine das andere nicht ausschließen muss!). Für die spirituelleren Yogis mag der von dir angesprochene Schnittpunkt der wichtigste sein, für die weniger spirituellen vielleicht die Gesundheit oder auch ihre Kinder bzw. die nachkommenden Generationen – was dann natürlich, etwas weiter gedacht, wieder der Umgang mit anderen Lebewesen wäre.
Es gibt so viele Gründe, sich für eine vegane Lebensweise entscheiden zu wollen. Letztendlich sind die Beweggründe für den Einzelnen wichtig, für die Gesamtheit spielen sie jedoch eine eher untergeordnete Rolle, denn egal aus welchem Grund jemand vegan leben möchte, die Auswirkungen auf uns und unsere Mitlebewesen bzw. die Umwelt sind ähnlich und in der Regel positiv.
Geht „Bewusst essen“ nicht noch über den reinen Verzicht auf tierische Produkte hinaus? Auf was muss man achten?
Ganz klar! Zunächst einmal darf man nicht den Fehler machen und tierische Nahrungsmittel einfach weglassen ohne sie adäquat durch pflanzliche Lebensmittel zu ersetzen. Das heißt, bei einer Mischkost wird Fleisch beispielsweise eine der Hauptprotein-Quellen sein. Wenn man Fleisch nun von seiner Lebensmittel-Liste streicht, bedarf es einer neuen, pflanzlichen Proteinquelle. Gute Quellen pflanzlicher Proteine sind z.B. Hülsenfrüchte wie Linsen, aber auch Vollkorn-Getreide wie Dinkel oder Weizen.
Hierzu sei allerdings erwähnt, dass nicht jeder Mensch alles verträgt. Und die klassische Nahrungsmittel-Aufnahme muss auch nicht unbedingt etwas mit „bewusstem Essen“ zu tun haben. Wie man seine eigene, individuelle und optimale Ernährung finden kann, zeige ich z.B. in meinem Workshop „Bewusst essen“, der regelmäßig in unserem Yogan-Studio in Köln stattfindet. Kommendes Jahr ist dieser, sowie meine anderen Yogan-Workshops, deutschlandweit auch in anderen Yoga-Studios geplant.
Was war dein Antrieb, dein Leben nach der yoganen Lebensweise auszurichten?
Bei mir war’s ein Prozess der stetigen Veränderung, die mich letztlich zu Yogan gebracht hat. Ich bin damals über das Apnoe-Tauchen, das Tauchen mit angehaltenem Atem, zum Yoga gekommen, da mich die Atem-Techniken sehr interessiert haben. Einmal mit Yoga in Kontakt gekommen, habe ich mich auch mit dessen Philosophie auseinandergesetzt, die mir bestimmte Werte und deren Bedeutung in unserem Leben und auch im Alltag nahegebracht und erklärt hat.
Neben der theoretischen Beschäftigung mit Yoga hat natürlich auch die Praxis ihren großen Teil getan und mich verändert. Wie eingangs erwähnt, führt Yoga mehr und mehr nach Innen, lässt in uns mehr Mitgefühl entstehen und dieses Mitgefühl hat mich unter anderem dazu gebracht, meine Ernährungsweise auf vegan umzustellen. Die yogane Lebensweise ist dann entstanden, weil ich meinen Mitmenschen diesen Lebensstil nahelegen wollte. Und da wir einfacher in Konzepten denken können, habe ich das Yogan-Konzept entworfen – was eigentlich nichts Neues war, es musste nur einmal in Worte gefasst werden.
Und wieso legst du es anderen Menschen nahe? Ist es eine Möglichkeit, nicht nur sich selbst, sondern auch die Welt zu verändern?
Verändern wir nicht die Welt, wenn wir uns selbst verändern und sind wir nicht ein Teil des Gesamten und haben somit auch Einfluss auf das Gesamte? 🙂
Vielen Dank!
Die Fragen stellte: Manuela Hartung