Wie verbringen Sie Ihre Mittagspause? Mittagessen? Ein Spaziergang? Wie wäre es, mal eine Runde zu schlafen? Das hat nichts mit Faulheit zu tun, sondern steigert die Leistungsfähigkeit ungemein. Heilpaktikerin Sabine Birnbrich erklärt, wie.
Eines vorweg geschickt. Powernapping, das kleine Schläfchen zwischendurch, ersetzt auf keinen Fall einen ausreichenden und gesunden Nachtschlaf!
Wieso gibt es ein Mittagstief?
Aufgrund unseres Biorhythmus haben wir während des Tages (häufig um die Mittagszeit) einen Tiefpunkt, in dem man sich müde fühlt, das ist völlig normal. Nur möchten wir uns heute in der allgemeinen Hektik des Tagesablaufes diesen Leistungseinbruch nicht eingestehen.
24 Stunden Erreichbarkeit am Tag stehen dem Verlangen des Körpers nach Ruhe in unserer von Zeitdruck geprägten Gesellschaft entgegen. In unserem hektischen Arbeitsablauf ist das am Tage Schlafen heute noch immer verpönt, dabei haben wissenschaftliche Studien festgestellt, dass ein kurzes Schläfchen zwischendurch durchaus der Leistungsfähigkeit zuträglich sein kann.
So bringt Powernapping frische Energie
- Wichtig beim Powernapping ist nicht der tiefe Schlaf, sondern die tiefe Entspannung
- Dauer ca. 20-30 Minuten maximal (länger senkt den Kreislauf zu sehr ab)
- Unterstützt es, die Energievorräte von Geist und Körper wieder aufzutanken
- Steigert Leistungs-, Reaktions-, Konzentrationsfähigkeit
- Erlernte Informationen werden besser abgespeichert und können schneller wieder hervorgeholt werden
- Erhöht Kreativität
- Fördert Stressabbau (das gestresste Nervensystem fährt runter: das Herz schlägt langsamer, die Atemfrequenz und der Blutdruck sinken)
Schlafen auf der Arbeit steigert die Leistung
In China wurde früher der kurze Mittagsschlaf von den Firmen unterstützt, ja sogar angeordnet, da man von der gesteigerten Produktivität nach Powernapping wusste. Auf Bildern kann man Mitarbeiter von ganzen Betrieben schlafend, die Köpfe auf den Tisch gelegt sehen. Die ganze Belegschaft, nebeneinander, hintereinander, hunderte von Menschen – aber das ist alles vorbei.
Auch diese Gesellschaften gehen in eine Rund-um-die-Uhr-Leistungsgesellschaft über, mit immer weniger Schlaf. Das heißt, die ganze Welt wird bald unausgeschlafen sein, mit all den negativen Konsequenzen: Schlechte Laune, Reizbarkeit, Depressionen, vermehrte Unfälle und Produktions-Fehler.
Wieso sollte man viel schlafen? Müdigkeit macht Stress
Wenn wir müde sind und gegen Schlaf ankämpfen, dann bedeutet dies zusätzlichen Stress und Stress schadet sowohl Körper als auch Seele. Unsere Reaktions-Schnelligkeit, Dauer-Aufmerksamkeit, Stimmung und Motivation lassen deutlich nach. Dies kann auch reizbar machen, schlechte Laune verursachen, sowie im ungünstigsten Fall zu Fehlern bei der Arbeit und sogar zu Unfällen führen.
Wenn man eine Gruppe im Hinblick auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen untersucht, findet man unter den Gesunden mehr Mittagsschläfer. Wer mittags kurz schläft, hat also rein statistisch ein geringeres Risiko eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu bekommen.
Wir sollten daher auf die ersten Müdigkeitszeichen hören und uns – wenn möglich – ein kurzes Nickerchen gönnen, was uns neue Kraft bringt, uns wieder produktiver werden lässt. Mittagspausen sind hierfür geeignete Zeiten innerhalb des Berufsalltages.
Aber Achtung: Regelmäßiger zu langer Mittagsschlaf wirkt sich jedoch nachteilig auf die Gesundheit aus, er erhöht das Sterberisiko und Herz-Kreislauf-Erkrankungen nehmen zu. Die Gesamtschlafzeit in 24 Stunden sollte nicht über 9 Stunden betragen und je älter der Mensch, desto kürzer der Schlaf!
Wo macht man am besten einen Mittagsschlaf?
Theoretisch ist das Nickerchen zwischendurch überall möglich. Doch sollten wir uns die Auszeiten nur im geeigneten kontextbezogenen Umfeld gönnen; wie alles sollte es in die Situation passen. Ähnlich wie man außerhalb des Karnevals in der Regel nicht tanzend durch die Einkaufspassage läuft, will man nicht alle Blicke auf sich ziehen, so gehört auch das Nickerchen zwischendurch folglich in die richtige Umgebung.
So kann man sich auf der ein oder anderen Familienfeier gut zwischendurch in ein Nebenzimmer absondern. Im Sommer lädt die grüne Wiese oder die Parkbank hierzu ein. Im Büro ist ein Nickerchen häufig ungeeignet, da tagsüber schlafen in unserer Kultur häufig mit Faulheit oder Antriebsschwäche verwechselt wird.
Man sollte also schlecht gesonnenen Kollegen keine Möglichkeit geben, ein Powernapping anders zu interpretieren oder gar ihre Smartphone-Kameras zu aktivieren.
Wie funktioniert optimales Powernapping?
- Powernapping kann im Sitzen oder Liegen durchgeführt werden. Stellen Sie sich einen Wecker auf 30 Minuten und versuchen Sie von alleine nach spätestens 30 Minuten (optimal sind 20 Minuten) wach zu werden. Mit einiger Übung wird Ihre innere Uhr zum Wachwerden völlig ausreichen. Ein verdunkelter Raum verhindert eher das rechtzeitige wieder wachwerden.
- Der richtige Zeitpunkt für ein Powernapping hängt von mehreren Faktoren ab, z.B. vom individuellen Tagesablauf und der körperlichen Tagesverfassung. Den subjektiven Tiefpunkt findet man am besten, wenn man in sich hineinhört.
- Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit zum Aufwachen
- Recken und Strecken nicht vergessen – das baut wieder etwas Körperspannung auf
So geht der Schlüssel-Schlaf
Eine alternative Schlaf- und Weckmethode bietet ein Schlüsselbund. Halten Sie ihn so in einer Hand, dass die Schlüssel zu Boden fallen können, wenn sich die Hand öffnet. Denn erreicht man die Tiefschlafphase, entspannen die Muskeln und die Hand öffnet sich. Das ist dann auch genau der richtige Zeitpunkt, um wieder wach zu werden.
Powernapping für längere Autofahrten zur Verhinderung des Sekundenschlafes
Powernapping kann auch dazu beitragen, den gefährlichen Sekundenschlaf beim Autofahren zu vermeiden. Insbesondere für Personen, die viel mit dem PKW unterwegs sind und lange Strecken auf Autobahnen verbringen, ist Powernapping eine gute Methode, sich vor Unfallgefahren durch Müdigkeit zu schützen.
- Fahren Sie bei den ersten Anzeichen von Müdigkeit den nächsten Rastplatz an, am besten einen mit einer Tankstelle oder regem Betrieb.
- Führen Sie stets ein Nackenkissen im Kofferraum mit. Dies verhindert beim Ablegen des Kopfes eine anschließende Nackensteife durch die Lücke zwischen Kopflehne und Sitz.
- Lassen Sie sich beim Aufwachen ein wenig Zeit. Legen Sie den Fahrersitz in eine Liegeposition. Nach dem Aufwachen lassen Sie sich fünf Minuten Zeit, um wieder zu sich zu kommen.
- Anschließend steigen Sie aus dem Fahrzeug und bleiben Sie ein paar Minuten an der frischen Luft. Machen Sie ein paar Dehnübungen oder gehen Sie ein wenig umher, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen, bevor Sie Ihre Fahrt fortsetzen.