Tiefste Dunkelheit, nur durchbrochen von einem schmalen Lichtstrahl. Bergwerks-Zeugnisse aus längst vergangener Zeit rosten vor sich hin. Und doch herrscht noch immer Betrieb: Nicht von Bergwerks-Besichtigungen zu Fuß, wie man sie kennt, sondern unter Wasser! Im Schieferbergwerk Nuttlar im Sauerland kann man ein stillgelegtes Bergwerk tauchend erkunden. Matthias Richter, Leiter der Tauchschule Sorpesee, erzählt von diesem außergewöhnlichen Ausflugsziel.
Eigentlich ist die Idee zum Bergwerktauchen nur dadurch entstanden, dass wir unser Programm der Tauchschule Sorpesee erweitern wollten. Wir bieten unter anderem Kindertauchen, Tauchen mit behinderten Menschen und Tauchlehrer-Ausbildungen an, aber uns hat das Höhlentauchen noch gefehlt. Und was liegt in unserer Gegend näher, als ein Bergwerk statt einer natürlichen Höhle zu nehmen? Wir haben uns also auf die Suche nach einem passenden Ort gemacht und schließlich das Schieferbergwerk Nuttlar gefunden.
Höhlentauchen im Bergwerk: Ein Abenteuer der besonderen Art
Im Prinzip ist ein Bergwerk nichts anderes als eine künstlich angelegte Höhle. Trotzdem bietet das Bergwerktauchen vieles, das eine natürliche Höhle nicht bieten kann – wie auch umgekehrt. In unserem Bergwerk ist noch viel Ausrüstung zu finden und zu besichtigen, die damals zum Abbau des Schiefers verwendet wurde: Förderbänder, Loren, Überkopf-Lader und Pressluft-Hämmer. Wer schon einmal ein Bergwerk besichtigt hat, weiß, wie spannend es ist, diese Zeit-Zeugnisse zu sehen. Und es ist noch spannender, tatsächlich in diese Zeit – wortwörtlich – einzutauchen!Das ist auch nicht nur etwas für eingefleischte Bergwerk-Fans. Jeder Taucher kann das besondere Ambiente genießen, das in dieser vergessenen Welt herrscht. Und auch das meine ich wörtlich, denn bei uns gibt es die einzige Gelegenheit weit und breit, auch als Sporttaucher ohne spezielle Ausbildung im Höhlentauchen einmal in eine Höhle hinein zu schnuppern. Wir haben einen großen Oberflächen-Bereich, von dem aus man bei einer Führung bis zu 30 Meter in den Bremsberg hineintauchen kann.
So kann man als Sporttaucher einmal erfahren, wie es ist, beim Tauchen eine Decke über dem Kopf zu haben und keine Wasseroberfläche. Auch die Geräusche sind in einer Höhle oder einem Bergwerk ganz anders; es kann rumpeln, als ob eine S-Bahn über einen hinwegfahren würde. Wenn man das Bergwerk komplett erkunden möchte, braucht man natürlich eine Höhlentaucher-Ausbildung, alles andere wäre viel zu gefährlich.
Das Tauchen in einer Höhle erfordert Vorsicht, Aufmerksamkeit und Kraft
Das Tauchen in einer Höhle erfordert vom Taucher immer besondere Vorsicht und auch psychische Stärke. Nicht nur ist es in einer Höhle – und vor allem in Bergwerk-Gängen – unter Umständen auch einmal eng, es ist auch äußerst dunkel. Dunkler noch, als beim Nachttauchen, denn es trifft keinerlei Licht ins Wasser. Im Bergwerk gibt es keine gesonderte künstliche Beleuchtung, also nur das Licht, das die Taucher selbst mitbringen. Jeder Taucher muss drei Lampen dabei haben, für den Fall, dass eine oder zwei ausfallen sollten.
Wenn der unwahrscheinliche Fall eintritt, dass alle drei Lampen ausfallen – und auch noch die vom Tauchpartner – muss der Taucher in der Lage sein, auch im völligen Dunkeln aus der Höhle herauszufinden. Und dazu braucht man Nervenstärke! Das trainiert man in der Höhlentaucher-Ausbildung zum Beispiel mit speziellen Masken, durch die man nichts sehen kann, sogenannten Blind-Masken. Damit das auch klappt, sind überall im Bergwerk Leinen gespannt, an denen man zurück zum Ausgang finden kann.
Die Taucher mit der höchsten Ausbildung, die das gesamte Bergwerk erkunden dürfen, spannen sich auch immer selbst Leinen von der Hauptleine (Main-Line) aus, um zur Not auch im Dunkeln den Weg zu finden. Außerdem gibt es in regelmäßigen Abständen Pfeile an der Main-Line, die den nächstgelegenen Ausgang anzeigen, ein erfahrener Taucher kann sich dort unten also nicht verirren!
Man muss fürs Höhlentauchen viele Dinge immer und immer wieder üben und auch auf die Ausrüstung ganz besonders achten. Natürlich sollte jeder Taucher seine Ausrüstung immer ordentlich warten, beim Höhlentauchen braucht man aber auch manche Ausrüstungs-Teile doppelt und dreifach, wie zum Beispiel die Lampen. Man muss sich also wirklich gut vorbereiten.
Tauchen ist ein Partnersport – auch im Bergwerk
Natürlich kann auch der erfahrenste Taucher das Bergwerk nicht alleine erkunden. So taucht man niemals alleine, sondern immer mindestens zu zweit. Tauchen ist ein Partnersport, es macht zu zweit auch viel mehr Spaß. Dafür kann man das Bergwerk auch das ganze Jahr über erkunden! Dadurch, dass das Höhlensystem von der Sonne, aber auch vom See abgeschnitten ist, beträgt die Wassertemperatur dort konstant um die 7,5 Grad Celsius.
Das bedeutet: Im Sommer ist das Wasser kälter als in offenen Gewässern, im Winter aber wärmer. Gerade im Winter ist es also angenehm, im Bergwerk zu tauchen, wenn die Temperaturen ansonsten etwas frostig werden. Geöffnet hat unser Bergwerk immer am Wochenende von 9.00 – 18.00 Uhr. Da kauft man dann eine Tageskarte für 59 Euro und kann zwei bis drei Tauchgänge machen – dafür lohnt sich auch die Anfahrt. Übrigens: In diesem Jahr wird man in unserem Bergwerk auch eine Höhlentaucher-Ausbildung machen können!
Aufgezeichnet von: Manuela Hartung