Jede Mutter weiß: Eine Schwangerschaft beeinflusst den Körper und sie hat unter Umständen viel Arbeit nach der Geburt, um die alte Form zurückzugewinnen. Wie klappt das am besten? Kristina Göbler von Glücksmama Berlin hat eine Idee: Sport in der Gruppe – und zwar mit Kind! Warum, das erklärt sie im Interview.
Frau Göbler, wie ist die Idee zu Gruppenkursen für Mütter entstanden, bei denen die Kinder dabei sind?
Nach meinem Sportstudium und meinem Schauspielstudium vor drei Jahren hatte ich eine kleine Sinnkrise und habe eine Zeit lang auf zwei Babys im Alter von neun Monaten aufgepasst. So ein Tag kann sehr lang sein, also habe ich angefangen, mit den Kindern zusammen Sport zu machen: Im Tragegurt und mit Kinderwagen.Das hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich habe mich mit Freundinnen vernetzt, die gerade Kinder bekommen hatten und wir haben uns in der Gruppe getroffen. Da kam mir mein sportwissenschaftlicher Hintergrund natürlich zugute. Und weil auch die Kinder das gut fanden, entstand dann die Idee, das Ganze auszubauen. Es gab damals auch noch nicht so viele Angebote in diesem Bereich.
Sport für Mütter – zum Beispiel für die Rückbildung der Bauchspalte
Wieso brauchen Frauen denn ein spezielles Training nach der Schwangerschaft?
Die Schwangerschaft fordert den Körper, das steht ja außer Frage. Zehn Monate lang — neuerdings wird die Schwangerschaft in zehn statt neun Monaten angegeben — durchläuft er starke Veränderungen und die wenigsten Fitnessprogramme sind auf diese speziellen Bedürfnisse ausgerichtet. Man kann natürlich auch nach der Schwangerschaft wieder im Fitness-Studio weiter machen, aber dadurch weiß man noch nicht, wie man spezielle Problemzonen fördert.
Eine ist zum Beispiel die Bauchspalte, auch Rectus Diastase genannt. Diese weitet sich mit dem wachsenden Babybauch und muss nach der Geburt wieder zurückgebildet werden. Dafür braucht man spezielle Übungen, die die schräge Bauchmuskulatur, den Beckenboden und die Körperhaltung trainieren. Die wenigsten Trainer in einem herkömmlichen Fitness-Studio kennen sich damit aus. In unsere Kurse kommen Frauen mit derselben Ausgangslage und ähnlichen Zielen: Gewicht reduzieren, Gewebe straffen und fit sein fürs Baby.
Was trainieren Sie denn genau mit den Teilnehmerinnen?
Wir haben verschiedene Kurse mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Zum einen sind da die Schwangerschaftskurse, die während der Schwangerschaft stattfinden. Darin geht es vor allem um Beckenbodentraining und Atemübungen. Kurz zur Erklärung: Der Beckenboden ist ein dreiteiliger Muskel im Becken, der wichtig ist für die stabile Lage der inneren Organe und die gesamte Körperhaltung. Quasi ein Stockwerk in unserem Körper.
Und dieser Beckenboden wird während der Schwangerschaft geschwächt und sollte deshalb trainiert werden. Alle unserer Trainer sind darauf geschult, auf diesen Bereich besonders zu achten.
Zum anderen haben wir dann auch Rückbildungskurse und verschiedene Outdoor-Angebote, zum Beispiel unser Buggy-Vital mit Kinderwagen. In den Vital-Kursen machen wir auch viel für den Rücken, denn dieser wird ja beim Wickeln, Stillen und Tragen des Babys besonders beansprucht.
Mütter können sich im Gruppen-Training austauschen und zusammen fit werden
Kann man das nicht auch zu Hause machen?
Theoretisch ja. Aber mal ehrlich: Wer hat denn Lust, daheim die Matte auszurollen und dann dort sein Beckenbodentraining zu machen? Das hätte ich auch nicht. Wir legen deshalb Wert auf Übungen, die man leicht in den Alltag integrieren kann. Und unsere Kurse haben ja auch noch den sozialen Aspekt. Bei uns treffen sich viele Frauen, die zum ersten Mal Mutter geworden sind. Die wissen auch den Austausch mit anderen Müttern zu schätzen, es entstehen sogar Freundschaften, das finde ich immer sehr schön.
Und auch die Kinder mögen die Kurse: Die Babys nehmen miteinander Kontakt auf, lernen in der Zeit, in der die Mütter in unseren Kursen sind, langsam laufen und sprechen und wachsen damit auf, dass Sport Spaß macht. Viele Mütter werden so auch dazu angeregt, Kinder-Turnkurse zu besuchen, um ihre Kinder noch weiter zu fördern. Man darf auch nicht vergessen: Bei Mutter-Kind-Kursen haben die Kinder Kontakt zur Mutter und werden nicht abgegeben. Das ist definitiv ein Vorteil.
Wie lange kann man Ihre Kurse denn besuchen?
Die absolute Höchstgrenze für die Kinderwagenkurse liegt bei drei Jahren. Kinder, die schon laufen können, wollen nicht mehr eine Stunde im Wagen sitzen, sondern selbst aktiv werden. In der Regel bleiben die meisten Mütter solange in unseren Mutter-Kind-Kursen, bis die Kinder ein Jahr oder anderthalb Jahre alt sind.
Danach bieten wir Abendkurse an, die ohne Kind besucht werden können. Mit anderthalb Jahren sind die Kinder ja auch alt genug, mal einen Abend beim Papa zu bleiben. Aber es kann auch vorkommen, dass Mütter aus beruflichen Gründen keine Zeit für die Abendkurse haben und deshalb wie gesagt auch bis zu drei Jahren noch in die Buggy-Kurse kommen. Das haben wir gerade im Moment – und die beiden kleinen Jungs haben auch viel Spaß an der Sache.
Jede Mutter kann an einem Fitnesskurs teilnehmen – es muss nur der richtige sein
Ist man nicht als Mutter durch das Kind zu abgelenkt, um richtig mitmachen zu können?
Nein, überhaupt nicht. Ich würde sagen, dass 90 Prozent aller Übungen – zumindest bei den Känguru-Vital und Buggy-Vital-Kursen – mitgemacht werden können. Manchmal kommt es vor, dass ein Kind noch schnell gewickelt werden muss oder an die Brust möchte, aber die meisten sind friedlich und schauen neugierig dem sportlichen Treiben zu. Viele schlafen sogar ein, wenn sie im Tragegurt dabei sind. Der einzige Kurs, bei dem es eventuell etwas schwieriger ist, ist der Rückbildungskurs. Diesen kann man schon sechs Wochen nach der Geburt besuchen und da werden manche Babys dann auch quengelig, wenn sie zu lange keine Aufmerksamkeit bekommen. Aber: Unsere Kurse sind kein Kaffeeklatsch, sondern ein anstrengendes und gesundheitsförderndes Training!
Kann denn trotzdem jede Frau während oder nach der Schwangerschaft mitmachen?
Hier muss man unterscheiden zwischen unserem Schwangerschaftskurs, der während der Schwangerschaft stattfindet, und den Kursen danach. Einen Schwangerschaftskurs kann man nicht besuchen, wenn man eine Risiko-Schwangerschaft hat. Bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft, bei der man sich moderat bewegen kann, ist jedoch nichts gegen Training einzuwenden. Wir trainieren ja auch in kleinen Gruppen und können so individuell auf alle Teilnehmerinnen eingehen, das ist ein großer Vorteil gegenüber herkömmlichen Fitness-Studios. Bei den Kursen nach der Geburt kann jede Frau die Intensität ihrem eigenen Trainingslevel anpassen. Wir Trainer machen natürlich alle Übungen auf hohem Anstrengungs-Niveau vor, damit man sich richtig auspowern kann. Gleichzeitig geben wir aber auch Alternativen, damit die Mütter selbst entscheiden können, wie weit sie gehen möchten.
Einen Rückenbildungskurs sollte jede frischgebackene Mutter besuchen
Rückbildungskurs, Buggy-Vital, Abendkurse: Für wann ist denn welcher Kurs gedacht?
Für die Rückbildungskurse sollten mindestens sechs Wochen seit der Geburt vergangen sein. Es ist aber kein Problem, wenn man etwas später damit startet. Manche Kinder geben erst nach vier Monaten genug Ruhe, dass man als Mutter die Möglichkeit zu einem solchen Kurs hat. Danach – so nach etwa drei Monaten – kann man einen der Gruppenkurse mit Kind besuchen. Wichtig ist, dass diese Vital-Kurse einen Rückbildungskurs nicht ersetzen! Man muss den Rückbildungskurs nicht bei uns mitgemacht haben, um einen Buggy-Kurs zu besuchen, man kann ihn auch zum Beispiel bei einer Hebamme gemacht haben. Aber man sollte ihn unbedingt machen, bevor man wieder regulär trainiert.
Unsere Mutter-Kind-Kurse gehen dann in der Regel bis ein oder anderthalb Jahre nach der Geburt. Die meisten Müttern wechseln dann gerne in die Abendkurse ohne Kind. Diese werden auch gerne von berufstätigen Müttern besucht, die für die anderen Kurse keine Zeit haben. Zusätzlich bieten wir auch noch Zumba-Kurse an. Die finden natürlich ohne Kind statt und dort geht es vor allem um Kalorien verbrennen und Bauchtraining.
Und was ist mit den Vätern?
Die Väter sind ein ganz eigenes Thema. Wir haben immer mal wieder Papas, die die Kurse mitmachen. Häufig, wenn sie die angefangene Karte ihrer Frau zu Ende nutzen. Generell sind die meisten Väter aber eher Einzel-Sportler, das heißt, sie gehen lieber mit dem Kind im Kinderwagen joggen als an einem Gruppenkurs teilzunehmen. Eigentlich ist das schade, denn natürlich würden auch die Väter von der Gemeinschaft und dem Austausch profitieren. Sie haben nur anscheinend nicht so viel Interesse daran. Mein Geschäftspartner, der selber Vater ist und auch Kurse gibt, versucht immer mal wieder, auch Väter-Angebote zu etablieren. Vielleicht kommt das ja irgendwann noch, wenn es häufiger wird, dass auch die Väter Elternzeit nehmen. Aber: Ab und zu haben wir an Wochenenden Eltern-Kurse, wo Mama und Papa gemeinsam mit dem Kind Sport machen können. Und diese Kurse werden tatsächlich sehr gerne angenommen.
Vielen Dank für das Interview, Frau Göbler
Die Fragen stellte: Manuela Hartung