Das Sieben-Tage-Programm basiert auf dem Bestseller von Psychologin und Schriftstellerin Jessica Wilker. Unsere Bloggerin Stefanie Heinrich testet das Einmaleins der Achtsamkeit. So hat sie die ersten drei Tage erlebt.
Es ist Mittwochmorgen. Tag eins meines Sieben-Tage-Programms, das mich lehren wird, wie ich meine Gefühle beobachten kann. Ich lerne, woher sie kommen, wohin sie gehen und was sie mit mir anstellen. Aber viel wichtiger: was ich mit ihnen anstelle.
Die Einleitung des Buches verspricht mir, mir verschiedene Werkzeuge vorzustellen, die mir ein „bearbeiten“ meiner Gefühle ermöglichen.
Da steht, ich könnte Unnötiges abmontieren und Krummes gerade biegen. Bis eben war mir unklar, dass ich so etwas mit meinen Gefühlen anstellen kann. Ohnehin haben meine Gefühle immer nur Dinge mit mir angestellt. Lachkrämpfe, Heulkrämpfe, Wutausbrüche — diese schon fast manisch. Und das hat also bald ein Ende. So ein Glück!
Tag Nummer eins steht unter dem Slogan „Es ist, wie es ist“
Ich soll diesen Tag mit der Feststellung beginnen, dass ich eine ganze Palette an Gefühlen habe. Positive, negative, solche, die ich jetzt lieber nicht hätte und solche, die ich mir herbei sehne. Ich lese, dass Gefühle so sind, wie sie sind. Weder schlecht noch gut. Weder richtig, noch falsch.
Die Autorin empfiehlt bildlich, die Tür zu öffnen und den Gast zu begrüßen. Die Freude zum Beispiel herein zu bitten und dem Lachen und der Glückseligkeit auch gleich noch ein Plätzchen dazu anzubieten. Das mag ja noch klappen. Ich frage mich, ob ich noch so viel Gastfreundlichkeit entgegen zu bringen habe, wenn die Eifersucht mit der Wut und dem Neid vor der Tür stehen sollte.
Meine heutige Aufgabe besteht also darin, immer wieder einmal kurz inne zu halten und meine Aufmerksamkeit auf meine Gefühle zu richten und diese wahrzunehmen. Das Gefühl annehmen, aber nicht beurteilen. Benennen, aber ohne mich dabei in den Mittelpunkt zu stellen. Heute ist Tag des Gefühls.
Für mehr Achtsamkeit musst du negative Gefühle zulassen können
Ich stehe auf und betrete, wie jeden Tag, als erstes die Küche. Mitten im Raum liegt die Cornflakes-Packung. In ihre Einzelteile zerlegt. Die Tüte mit den Flakes liegt daneben. Zum Glück unberührt. Und schon klingelt es an der Tür. Es ist die Genervtheit. Hallo, schön dass du da bist.
Und wer guckt da keck um die Ecke? Es ist die Unlust. Kommt rein, setzt euch schon mal hin. Und bleibt doch gleich zum Frühstück. Es gibt Cornflakes. Ich fege nur fix das Altpapier vom Fußboden zusammen. Während sich noch schnell der Ärger durch die halb geschlossene Tür quetscht, frage ich mich, was meine Kater wohl im Moment der Zerstörung gefühlt haben mag.
Im Laufe des Vormittags streikt immer wieder das Internet. Und vor der Tür steht jemand und klingelt Sturm. „Aaah — der Missmut. Komm herein und fühl dich wie zu Hause.“ Den Rest des Tages verbringe ich mit größeren und kleineren Besorgungen, Haushalt und einem Krankenbesuch. Abends klingelt es dann wieder an der Tür. Es ist die Müdigkeit. Schon wieder. Die war heute Nachmittag schon zu Besuch. Jetzt ist sie aber sehr willkommen. Ich bitte sie freundlich herein und gemeinsam machen wir es uns auf der Couch bequem.
Am heutigen zweiten Tag soll ich lernen, dass alles vergeht
Augen auf. Ich bin müde. Falsch! Da ist Müdigkeit. Nach dem Duschen ist die weg. Da muss ich nicht erst in mich hinein hören. Das weiß ich auch so. Dass Gefühle abschwächen, lernen wir doch schon im Sandkasten. Lektion also bereits gelernt. Da klopft es ganz unverhofft an der Tür. Die Freude. Na, die kann reinkommen. Mit der verbringe ich heute einen meiner letzten Urlaubstage und lasse die anderen Gefühle einfach vor der Tür stehen.
In den letzten beiden Tagen habe ich gelernt, mir meine Gefühle bewusst zu machen. Das, so der Ratgeber, ist die entscheidende Bedingung, um gezielt handeln zu können, was meine Gefühle betrifft.
Freitag. Tag drei. Heute werde ich mich im Kernstück meines Programms üben — der Achtsamkeit. Ich werde also lernen, meinen Blick auf die Wirklichkeit zu lenken. Da ist dieses Gefühl und das ist nun mal so. Gut, das kann ich schon. Aber heute geht es noch um etwas mehr. Heute soll der Körper mit einbezogen werden. Denn Gefühle zeigen sich auch im Körper. Zum Beispiel als Herzklopfen bei Aufregung.
In kleinen Schritten zu mehr Achtsamkeit
Ich öffne die Augen. Erst bin ich noch etwas zerknirscht von der Nacht. Wie das eben so ist, direkt nach dem Aufwachen. Ich drehe mich um. Zumindest versuche ich es. Es fällt mir allerdings etwas schwer, weil eine knapp zehn Kilo schwere Katze auf meinen Beinen liegt. Ziemlich wütend, über das unsanfte Wecken beißt sie mich in die Zehen, springt auf und läuft weg. Eigentlich will ich jetzt gerne sauer sein. Denn ich habe keine Lust, schon so früh am Morgen massakriert zu werden und mir steht auch sehr der Sinn danach, ein Kissen hinter der alten Zicke hinterher zu werfen.
Aber dafür ist jetzt keine Zeit, denn ich muss innehalten. Meinen Körper wahrnehmen. Das fällt mir jetzt aber etwas schwer. Ich spüre nämlich nur meinen kleinen Zeh, der vor Schmerz pocht. Na gut, dann nehme ich einfach diese als Grundlage. Gefühl? Hatte ich schon — Wut! Wo ich dieses Gefühl wahrnehme? Im Bauch. Mir ist nämlich schlecht. Kommt das von der Wut? Oder etwa von was anderem? Hunger?
Ich stehe auf. Nach Achtsamkeit ist mir heute Morgen nicht mehr. Mir fällt nur eine ein, die achtsam sein sollte. Und das weiß sie. Meine Katze hat sich bereits unter dem Bett versteckt.