Was ist Ihre Lieblingsfarbe? Blau? Das wäre nicht verwunderlich, denn wir leben im blauen Zeitalter. Farben beeinflussen unsere Wahrnehmnung und unser Befinden. Der Farbpsychologe Harald Bream erklärt, welche Farben welche Auswirkungen haben können.
„Wir leben im blauen Zeitalter“, sagt Professor Harald Braem aus Bettendorf, Deutschlands Experte Nummer 1, wenn es um die Wirkung von Farben geht: „Während die Nachkriegs-Generation noch geprägt ist von der Farbe Rot – die für Dynamik, Wachstum, Wiederaufbau und Aktivität steht, nennen die Jüngeren meist Blau als ihre Lieblingsfarbe, was für sie für mehr Lebensqualität, Entschleunigung und auch Seriosität steht“.
Die Farbe Blau entspannt und wirkt appetithemmend
Indizien dafür sieht der Professor für Kommunikation und Design an der Fachhochschule Wiesbaden unter anderem in der Gestaltung von Nachrichtenstudios und der Zunahme von Blau in der Werbung und beim Design von Logos.
Blau kann sogar Weltrekorde „produzieren“… So führte die Tatsache, dass im Olympiastadion in Berlin blaue Tartanbahnen verlegt sind, offenbar dazu, dass während der Leichtathletik-WM 2009 reihenweise Weltrekorde im Laufen gebrochen wurden, ohne dass die Athleten dies „gemerkt“ hätten. Durch die Bank gaben sie zu Protokoll, dass ihnen die Höchstleistungen auf diesen – „entspannt wirkenden“ – vom Blau des heimischen Fußballklubs Hertha BSC geprägten Tartanbahnen leichter gefallen seien und sie weniger geschwitzt hätten als auf den roten Bahnen in anderen Stadien.
Blau, so Harald Braem, kann auch dazu führen, dass wir langsamer essen: „Probieren Sie es aus: Orange und Gelb regen den Appetit an. Nimmt man blaue Teller, isst man langsamer, also weniger, was das Abnehmen unterstützen kann“.
Farbe ist eine Sinnesempfindung
Als Stimmungsaufheller, so Braem, helfen auch gelbe oder orangefarbige Brillen wie sie Popstars gern tragen – dann sieht die ganze Welt gleich freundlicher aus und man geht beschwingt durchs Leben …
Farbe, das ist ein subjektiver Sinneseindruck. Er entsteht, wenn Licht einer bestimmten Wellenlänge auf die Netzhaut des Auges fällt und dort spezielle Sinneszellen zu einer Nervenerregung veranlasst, welche wiederum zum Gehirn geleitet wird und dort als Farbe ins Bewusstsein des Menschen tritt.
Farbe ist also eine Sinnesempfindung und keine physikalische Eigenschaft eines Gegenstandes. Im europäischen Kulturkreis war Johann Wolfgang von Goethe einer der Ersten, der sich intensiv mit dieser Wirkung beschäftigte. 1810 erschien sein Buch „Zur Farbenlehre“, das er als wichtigen Teil seines Lebenswerks betrachtete.
Bei Menschen desselben Kulturkreises treten durch Tradition und Erziehung oft Gemeinsamkeiten bei der Wahrnehmung und Einordnung von Farben auf. Schwarz steht bei uns für Tod, Weiß für Hochzeit. Rot kann Revolution bedeuten, steht für Zorn und Blut.
Viele Deutsche verbinden die Farb-Kombination Schwarz-Rot-Gelb automatisch mit der deutschen Flagge, assoziieren also mit den Farben, die sie sehen, ihre symbolische Bedeutung.
Weiß macht größer und leichter
Farben beeinflussen jedoch nicht nur die Psyche, sondern manipulieren auch unsere visuelle Wahrnehmung. So lässt Weiß einen Raum 10-15 Prozent größer erscheinen. Eine weiße Kiste kommt einem leichter vor als eine schwarze. Und ein gelbes Auto wirkt bei gleicher Geschwindigkeit schneller als ein andersfarbiges. Farbe ruft Assoziationen hervor, Vorstellungen, meistens Erinnerungen, an Dinge wie Rot=Feuer, Grün=Gras, Gelb=Zitrone.
Einen Tupfer Rot, rät Diplom-Imageberaterin Friederike Lehnig aus Köln, sollte man zum Beispiel im Bewerbungsgespräch tragen: „Rot, das bedeutet: Ich nehme die Herausforderung an. Ich setze mich ab, ich setze mich durch.“
Sie selbst probiert das Farben-Spiel auch im Privaten aus: „Ich hatte vor Kurzem ein Tennisspiel, bei dem klar war, dass die Gegnerin stärker ist. Da hab ich bewusst eine knallrotes Outfit gewählt, und am Ende knapp gewonnen. Ich bin überzeugt: Es war der psychologische Effekt der Farbe.“
Farbpsychologie: Rot steht für Dynamik und Erfolg
Eine Studie der britischen Anthropologen Russell Hill und Robert Barton unterstreicht diese These: Sie untersuchten bei den Olympischen Spielen in Athen 2004 die Erfolge rot gekleideter und blau gekleideter Boxer und Ringer: Die „Roten“ gewannen doppelt so oft wie ihre Konkurrenten im blauen Dress.
“Natürlich entscheiden vor allem Kraft und Geschick darüber, wer den Kampf gewinnt”, erläuterte Robert Barton, „aber wenn die Gegner ebenbürtig sind, kann die Kleidungsfarbe wohl den Ausschlag geben.”
Deshalb kommen zu Frederike Lehnig nicht nur Frauen, um sich bei der Wahl ihrer Kleidung und Einrichtung beraten zu lassen, sondern auch viele Männer: „Ich gehe mit ihnen einkaufen, durchforste ihre Kleiderschränke, spreche Kleider-Empfehlungen auch schon mal spontan vor einem wichtigen Termin aus.“
Während die meisten Männer zu ihr kommen, wenn eine Beförderung ansteht, ist bei den weiblichen Kunden ein Imagewechsel meist als Start in eine neue Lebensphase angesagt – nach überstandener Krankheit, Trennung oder Neuorientierung im Job.
Grundlage für ihr Handeln ist eine persönliche Farbanalyse mittels 70 verschiedener Farbtücher. „Um einen Farbtyp seriös bestimmen zu können, müssen Haut und Haarfarbe berücksichtigt werden. Außen vor lassen sollte man dabei erst einmal, welche Farben man am liebsten mag…“, betont sie.
Die lilafarbene Werbekuh: ein Wagnis
Manchmal lohnt es sich, farbtechnisch neue Wege zu gehen. Ein erfolgreiches Beispiel dafür ist die lilafarbene Milka-Kuh. Die Farbe Lila passt eigentlich nicht zu Lebensmitteln. Das fand in den 1970er Jahren auch der Hersteller der Schokolade und musste erst in zahlreichen Besprechungen davon überzeugt werden, die lila Kuh als Markenzeichen zu wählen.
Ideengeber waren damals Harald Braem und seine Kollegen. „Man muss auch mal Mut zeigen“, meint der Farbexperte aus heutiger Sicht, „gesund ist Süßkram ja nicht. Also dachten wir, dass man den Fokus eher auf Themen wie Belohnung, Glückszustand, Paradies, Spaß und Lust legen sollte. Dazu passt die Farbe Lila hervorragend – Verführung und Versuchung pur!“ Die lila Kuh hat sich durchgesetzt und grast immer noch.
Was bedeuten Farben?
Gelb, die Farbe der Sonne, strahlt Lebensfreude und Selbstbewusstsein aus. Klares Gelb steht für Wissen, Vernunft und Logik. Es ist die Farbe des Verstandes, der Analyse – und ebenso der Kommunikationsfähigkeit. Gelb wird aber auch mit Neid, Verrat und Feigheit in Verbindung gebracht.
Orange ist eine Signalfarbe, die für Optimismus, Geborgenheit und Gemütlichkeit steht, und automatisch ein Gefühl von Wärme hervorruft. Ein Stimmungsaufheller, der für Aufgeschlossenheit, Kontaktfreude und Vitalität steht. Ebenso kann es aber auch Leichtlebigkeit und Aufdringlichkeit vermitteln, ist also nicht im Geschäftsleben geeignet. Kinder, die nicht essen wollen, sprechen besonders gut auf Orange an. Es regt die Magen-Darm-Funktionen an.
Weiß ist ein Symbol für Reinheit, Klarheit und Unschuld. Es neutralisiert, hellt auf und belebt. Die Farbe von Eis und Schnee gilt auch als Zeichen der Empfindsamkeit und kühler Reserviertheit. „Neue Nüchternheit“ nennt es Professor Braem in Bezug auf den Farbtrend Weiß bei Autos. In China ist Weiß die Farbe der Trauer und des Todes.
Schwarz ist die Farbe der Dunkelheit. Sie kann Ausdruck von Seriosität und Respekt sein und kann einen besonders feierlichen Charakter haben. In der Mode wirkt schwarz edel und feierlich. Zu viel Schwarz vermittelt einen düsteren Eindruck und hält andere auf Distanz.
Braun ist die ruhige Erdfarbe, vermittelt Geborgenheit und materielle Sicherheit. In der Farbtherapie wird Braun bei Gleichgewichtsstörungen eingesetzt. Auch Braun gilt als modische Businessfarbe, auch für Autos.
Grün steht für Natur, Hoffnung, Frische und Fruchtbarkeit. Grün steht auch für: Durchsetzungsvermögen, Beharrlichkeit, Ruhe und Konzentration. Die Farbe strahlt Freundlichkeit, Kreativität und Sicherheit aus, kann aber auch Gefühle wie Neid, Gleichgültigkeit und Müdigkeit provozieren. Wer gestresst und übermüdet vom Job ist, sollte in seiner Freizeit Grün tragen – die Farbe kann stärkend wirken. In der Farbtherapie wird Grün bei Herzkrankheiten eingesetzt.