„Will noch jemand ´nen Nachschlag? Es ist genug da!“ Wilfried Nißing verteilt Linsensuppe an die hungrigen Gäste auf dem NeuLand-Gelände, Kölns erstem Gemeinschaftsgarten.
Soziales Engagement ist wichtig um das Allgemeinwohl zu fördern – doch kann man so etwas lernen? Studierende der Universität Köln halten auf dem NeuLand-Gelände ein Seminar ab im Rahmen ihrer Vorlesungsreihe „Engagement 2.0″.
Beim Start des ersten mobilen Gemeinschaftsgartens von Köln war evidero mit dabei. Seit 2008 ist ein ehemaliges Brauereigelände ungenutzt. Über 16.000 Quadratmeter, annähernd drei Fußballfelder, geben seit vier Jahren genug Platz für Spekulationen – und für Fantasien.
Seit Anfang April 2012 ist das Gelände zum Zuhause für die Initiative NeuLand geworden: Hier sollte Kölns erster mobiler Nachbarschaftsgarten entstehen.
Vom Brachland zum NeuLand
2011 gründeten einige Aktivisten den Verein Kölner NeuLand e.V.. Eine von ihnen ist Doro Hohengarten, sie beschreibt die Vision: “Die Idee ist es, sich den Stadtraum anzueignen und daraus etwas Schönes zu machen. Einen sonst brachliegenden, grauen Raum in etwas Blühendes, Grünes zu verwandeln.”
Am Starttag müssen erste Hindernisse überwunden werden: Der Boden ist nicht geeignet, um darauf direkt Obst und Gemüse anzubauen. Zu nähstoffarm. Zu steinig. Zu sehr verdichtet. Zudem bescheinigen einige Gutachten Schadstoffe.
Daher heißt es am ersten Tag für die NeuLänder, das Areal so vorzubereiten, dass die zukünftigen Hochbeete keinen Kontakt zum Boden haben. Schließlich soll hier bis Sommer eine Oase für die Nachbarschaft ergrünen.
Seminar “soziales Engagement” findet im Großgarten statt
Heute, wenige Wochen nach dem Start, sind elf Studierende der Uni Köln dabei, die ein Seminar zum Thema „soziales Engagement“ besuchen. Schon früh am Morgen hat Wilfried zusammen mit drei Helfern eine Stärkung für die Lernenden gekocht. Seine Schreinerei liegt direkt neben dem aufblühenden Großgarten, sodass dort geschnippelt, gerührt und gewürzt werden kann. Seit dem Projektstart hilft der Nachbar wo er nur kann – für ihn eine Selbstverständlichkeit.
Jeder Dritte tut es: als Schöffe, als Betreuer, bei der freiwilligen Feuerwehr, dem Roten Kreuz oder in einem gemeinnützigen Verein. Sich sozial zu engagieren ist weder eine Seltenheit noch eine Marotte, sondern ein wichtiger Eckpfeiler unserer Gesellschaft.
Statt im Privaten auf den Staat zu schimpfen, nehmen Bürger aktiv Probleme in die Hand und fördern so das Allgemeinwohl. Regieren bei Couchpotatoes Zynismus und Ohnmacht, wissen Engagierte: „Ja, wir können etwas zum Guten ändern!“ Engagierte Menschen haben daher nicht nur ein erfüllteres Privatleben – auch im Berufsleben sind sie geschätzt und gesucht.
“Gutes Tun” in der Universität lernen
Verständlich also, dass man diese wichtige Eigenschaft von klein auf fördert: in der Schule, während der Ausbildung und auch an der Universität. Doch kann man „soziales Engagement“ wirklich anderen Menschen beibringen? Den meisten ist die Bedeutung von Vereinen und ehrenamtlichen Tätigkeiten wohl bekannt – oft besteht jedoch eine unsichtbare Schranke zwischen „Gutes Wollen“ und „Gutes Tun“. Diese Hemmschwelle zu überwinden hilft ein praxisbezogenes Seminar.
Die Studenten geben dabei NeuLand auch etwas zurück. Ihre Ideen und Erkenntnisse bleiben nicht wie in regulären Seminaren graue Theorie – sie werden dankend aufgenommen und in die Tat umgesetzt, eindeutig eine Win-Win Situation für beide Seiten.
Noch gehören solche Seminare nicht obligatorisch zum Studium und werden nur als Wahlfach im Studium Integrale angeboten. Wäre es nicht sinnvoll, wenn alle angehenden Akademiker lernen dürften, sich gesellschaftlich zu engagieren? Die Universitäten hätten die Möglichkeit die Vereine zu fragen: „Will noch jemand ‘nen Nachschlag? Es ist genug da!“